■ Mit aserbaidschanischem Öl auf du und du
: Nicht zu erschüttern

Baku (AFP) – Einen Fuß haben die internationalen Erdölgesellschaften bereits in der Tür zu den aserbaidschanischen Ölfeldern. Aber nach der politischen Krise, die sich in diesen Tagen drastisch verschärft hat und zu einem allgemeinen Bürgerkrieg zu werden droht, stehen die Öl-Multis vor der schwierigen Frage: Sollen sie weitere Schritte zur Erkundung und Ausbeutung der gigantischen Erdölvorräte unter dem Kaspischen Meer unternehmen, oder ist der Rückzug aus diesem Abenteuer angezeigt?

Anfang Juli wollte der mittlerweile aus der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku geflüchtete Präsident Abulfaz Eltschibej in Großbritannien ein größeres Geschäft mit British Petroleum (BP) unter Dach und Fach bringen. Doch am Donnerstag abend übertrug das Parlament dem Parlamentspräsidenten Gaidar Alijew die Aufgaben des Staatschefs. Damit ist fraglich, ob überhaupt jemand zu dem Termin in London erscheint und wenn ja, ob dieser Besucher dann auch über eine Zeichnungsbefugnis verfügt.

Die Erdölvorkommen im aserbaidschanischen Hoheitsgebiet des Kaspischen Meeres werden auf rund vier Milliarden Barrel (ein Barrel sind 159 Liter) geschätzt. Hinzu kommt eine unbekannte Erdgasmenge. An der Gewinnung wollen sich neben BP die beiden US-Gesellschaften McDelmott und Amoco sowie die staatliche aserbaidschanische Erdölgesellschaft beteiligen. Das internationale Konsortium hat dafür Milliardensummen veranschlagt.

Die US-Gesellschaften haben sich in dieser ungewissen Lage aufs schweigende Abwarten verlegt. Dagegen ist der BP- Sprecher in Baku, Tim Davies, durch nichts zu erschüttern: „Wer auch immer in Aserbaidschan regieren wird – ich nehme doch an, er wird das Interesse seines Landes erkennen, mit uns und den anderen ausländischen Gesellschaften zusammenzuarbeiten.“

Es gehörte tatsächlich zu Alijews ersten Amtshandlungen nach seiner Wahl zum Parlamentspräsidenten am 15. Juni, einen BP-Vertreter zu empfangen. Alijew erklärte dementsprechend erst Anfang der Woche, er wolle sich für die Weiterentwicklung der Beziehungen zu den ausländischen Erdölgesellschaften einsetzen.

Anders als Alijew gilt Surat Gussejnow, der Führer der Rebellion gegen Eltschibej, den Ölgesellschaften als unsicherer Kantonist: Gussejnow steht in dem Ruf, sich in programmatischen Fragen am untergegangenen Sowjetreich zu orientieren.

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