Neue Spielgefährten für Marokkos König

■ Opposition siegt bei Parlamentswahlen / Wird der Königsschwager Premier?

Rabat (dpa/AFP) – Der 20jährige Rabater Student Mohammed Sraki denkt lieber an die Abschlußprüfungen. „Wählen, wozu sollte ich wählen? Es gewinnen doch immer dieselben. Und überhaupt, sind doch sowieso alles Gauner“, sagt er auf Journalistenfragen. Ganz anders sehen das die „Gauner“ selber: Mit dem Sieg des marokkanischen Oppositionsbündnisses aus Sozialistischer Union der Volkskräfte (USFP) und nationalistischer Istiqlal-Partei bei den Parlamentswahlen am Freitag beginnt eine neue Phase für die Politiker des Landes.

Mit ihrer Wahlentscheidung haben die Marokkaner für den Wandel gestimmt. Der Erfolg der linkssozialistischen PPS, die ihre Sitze von bislang 2 auf 6 verdreifachen konnte, ist ein weiteres Zeichen dafür, wie auch der Sprung von erstmals zwei Frauen auf der UFSP-Liste ins Parlament.

USFP (48 Sitze) und Istiqlal (43 Sitze), die erstmals mit einer gemeinsamen Liste zu den Wahlen angetreten waren, verfügen bislang mit zusammen 91 Parlamentariern nur über eine einfache Mehrheit unter den am Freitag direkt gewählten 222 Abgeordneten. Zudem muß abgewartet werden, wie sich die restlichen 111 Abgeordneten zusammensetzen, die „bald“ – so Innenminister Driss Basri – von Kommunalräten (69 Sitze), Berufsverbandskammern (69) und Arbeitnehmervertretern (10) indirekt gewählt werden.

In einem am Samstag veröffentlichten gemeinsamen Kommuniqué sprachen Istiqlal und USFP von „schlimmsten“ Verstößen bei der Wahl. Der Leiter einer zur Überwachung der Wahlen eingesetzten Kommission, Mohamed Mikou, bestätigte die Vorwürfe. Insbesondere sei es zu Stimmenkäufen gekommen. Innenminister Driss Basri sagte dagegen auf einer Pressekonferenz in Rabat, die Wahlen seien „korrekt, ehrlich und transparent“ verlaufen.

Politische Beobachter erwarten nun eine Regierungskoalition aus USFP, Istiqlal und der mit 28 Sitzen eher zu den Wahlverlierern gehörenden „Nationalen Bewegung der Unabhängigen“ (RNI) unter dem Parlamentspräsidenten und Schwager König Hassans, Ahmed Osman, der schon einmal Ministerpräsident gewesen ist. Wenn eine USFP/Istqlal-geführte Regierung zustande kommt, wird sie sich mit dem Experten-Apparat des Palasts auseinanderzusetzen haben, der bislang immer als eine Art „Über- Regierung“ des Königs fungiert hat. Noch wenige Tage vor der Wahl hat der König einen Brief an die jetzige Technokraten-Regierung mit vier „Direktiven“ zur weiteren Wirtschaftspolitik des Landes geschrieben. Eine der Direktiven lautete „Beschleunigung der Privatisierung öffentlicher Wirtschaftsunternehmen“. Das Oppositionsbündnis hingegen hat in seinem Wahlprogramm propagiert, gerade der öffentliche Sektor müsse mit der verstärkten Schaffung von Arbeitsplätzen seinen Beitrag zur Linderung der Arbeitslosigkeit leisten.