Die Zerstörung des Fehrmoores

■ Seit 1986 verstaubten die Abrißverfügungen für illegale Hütten in der Baubehörde

Die Zerstörung des Fehrmoores

Seit 1986 verstaubten die Abrißverfügungen für illegale Hütten in der Baubehörde

„Das Fehrmoor ist eines der letzten erhaltenen Hochmoore im Land Bremen“, sagt der Leiter des Bremerhavener Umweltamtes, Dr. Gödde. Und es sei in einem „desolaten Zustand“: Seit 1986 gibt es einen Bebauungsplan, um die Zerstörung des Moors durch schwarz ins Moor gesetzte Wochenendhäuschen zu unterbinden. „Leider ist fast nichts geschehen“, erklärte Gödde im Januar 1993 dem Bremerhavener Umweltausschuß höchst vertraulich. „Die Betroffenen handeln jedenfalls so, als wenn es den Bebauungsplan nicht gäbe.“

Nicht nur, daß mitten im Moor die Häuser gebaut werden. Wege durchs Moor werden für Autos mit Bauschutt befestigt. Schrott und Hausmüll liegen herum. Mangels legaler Abwasser-Leitungen werden die Fäkalien schlicht in den Boden geleitet. Sogar „Öl und Batteriesäure“ aus abgestellten Autowracks gelangt in den Boden, merkte der Grüne Harry Bohnsack in der Sitzung empört an. Eigenliche ein Fall für den Staatsanwalt.

Seit 1982, als die Vorbereitung des Bebauungsplans begann, fordert das Bremer Umweltressort Maßnahmen zum Schutz und zur Pflege der Landschaft.

Ganze vier Hektar des Moores werden im Rahmen eines Naturschutz-Projektes renaturiert. Diese vier Hektar gehören der Stadt. Was auf den übrigen Hektar passiert, weiß die Stadt angeblich nicht. Die Abteilung im Bauamt Bremerhaven sei auf drei Mitarbeiter reduziert, klagt Sachbereichsleiter Breden. Und der Buschbewuchs sei undurchsichtig dicht: „Man müßte Luftaufnahmen machen, um feststellen zu können: Verdammt noch mal, da steht wieder eine Hütte.“

Seit 1986 gibt es die entsprechenden Abriß-Verfügungen. Die Wochenendhaus-Besitzer scherten sich aber wenig darum. Im Gegenteil: In der letzten Zeit sind 14 illegal errichtete Häuser hinzugekommen.

Die Hausbesitzer haben die Abrißverfügungen zwar bekommen, aber damit hatte es sich dann. Die Betroffenen legten Widerspruch ein, Anwalt Lappenbusch schrieb 1986, daß er an einer juristischen Begründung arbeite. Damit gab sich das Bremerhavener Bauordnungsamt zufrieden und legte die Akten beiseite.

Im März 1993 schließlich, nach sieben Jahren, reichte das Bauordnungsamt Bremerhaven die Akten weiter an die zuständige „Widerspruchsbehörde“, das Bauressort in Bremen. Dort darf und muß über die Widersprüche der Betroffenen entschieden werden. Aber, so klagt der dort zuständige Mann, Lothar Schardelmann, der Bremerhavener Anwalt Lappenbusch hat für seine Widerspruchsbegründungen noch einen Teil der Akten... Erst wenn die da sind, kann der gesetzliche vorgesehene „Widerspruchsbeirat“ mit dem Thema befaßt werden. Das soll aber demnächst sein. Schardelmann: „Wir sind am Ball."

Warum Bremerhaven es mit der Durchsetzung des Bebauungsplanes nicht besonders ernst meinte, ist in Bremerhaven ein offenes Geheimnis. Der zuständige Sachbereichsleiter Breden redet Klartext: Die Akten lagen jahrelang da „und es passierte gar nichts“. Daß die Schwarzbauten mitten im Moor so lange geduldet wurde, „das ist politischer Wille gewesen.“

Wie so vieles in Bremerhaven ist dieser politische Wille verbunden mit dem Namen Werner Lenz. Der hatte in den 70er Jahren die illegalen Laubenpieper besucht und versichert, man werde nichts gegen sie unternehmen. „Wir haben denen aber keine Bestandsgarantie gegeben“, rechtfertigt Lenz sich heute. Das konnte er rein rechtlich auch gar nicht, er konnte nur den politischen Willen an der Durchsetzung des Bebauungsplanes bremsen.

Vor dem Hintergrund der neuen politischen Mehrheiten in Bremerhaven, wo die die SPD-Alleinregierung durch eine rot-grüne Kooperation abgelöst worden war, hat vor allem das Engagement des unentwegten Einzelkämpfers Günter Olontschek dazu geführt, daß wenigstens 1993 die Widersprüche bearbeitet werden. Vermutlich noch in diese Sommer wird der Widerspruchs- Beirat tagen. „Wir sind am Ball...“, sagt der zuständige Mann im Bremer Bauressort, Schardelmann. Der Beirat wird einen völlig eindeutigen Bebauungsplan vorfinden, aus dem hervorgeht, wo die Bauwerke illegal sind und eigentlich entfernt werden müßten. Das rechtliche Problem ist allerdings, ob es nicht einen „Bestandsschutz“ gibt, nachdem die Nutzung des Moores als Laubenpieper-Idylle jahrelang geduldet worden ist. Entschädigungen zur Renaturierung des Moores, so schätzt der Leiter des Umweltamtes die Rechtslage ein, sind dagegen „nicht aussichtsreich“. K.W.