Puck gegen das Land Berlin

Morgen ist Spielzeitende für die Staatlichen Schauspielbühnen Berlin. Seit zehn Tagen tobt ein kulturpolitischer Rechtsstreit über den unpopulären Senatsentschluß, das Schiller Theater zu schließen  ■ Von Klaudia Brunst

1. In Sachen Nacht gegen Nebel

Es war schon weit nach Mitternacht, als sich in der Senatsrunde der Nebel der Ratlosigkeit lichtete. Stundenlang hatte man hin und her diskutiert, hatte auf dem Papier mal dieses Theater geschlossen, mal jenen Etat um ein paar Millionen gekürzt. Persönliche Interessen, private Vorlieben waren dabei deutlich geworden: In CDU-Kreisen liebt man Castorfs Jugendtheater nicht sonderlich, die SPD schätzt dagegen Johann Kresnik und möchte ihn in der nächsten Spielzeit für sich tanzen lassen. Irgendwann in dieser Nacht muß dem Regierenden Bürgermeister dann wohl wieder eingefallen sein, wie oft er auf seinen Reisen in die West-Republik auf den opulenten Etat seiner Staatlichen Bühnen angesprochen worden war: „Solange Ihr Euch das teuerste Theater Deutschlands leisten könnt“, kam es oft genug spöttisch aus dem reichen Westen, „kann es um Euch nicht so schlecht bestellt sein.“

Es hatte gerade vier geschlagen, da war das Schicksal des Berliner Schiller Theaters besiegelt. Zu wenig sprach für den Erhalt der seit Jahrzehnten vor sich hinsiechenden Bühne, als daß sich in dieser übermüdeten Sparversammlung noch ernstliche Fürsprecher hätten finden können. In den Morgenstunden des 22. Juni 1993 verkündete der Berliner Regierende Bürgermeister, das Haus an der Bismarckstraße werde zu Saisonende in vierzehn Tagen geschlossen, um die anderen neunzehn staatsgestützten Bühnen der Stadt zu erhalten. Als sich die Senatoren nach dem 17stündigen Sitzungsmarathon im Morgengrauen zur Ruhe betteten, erwachte das kulturbeflissene Bildungsbürgertum. Man hatte ihm soeben sein wertvollstes Spielzeug genommen.

Das Berliner Schiller Theater ist mit 41,3 Millionen das teuerste Subventionstheater Deutschlands. Keine andere Bühne ist so gut bestallt, aber viele sind mit weniger Geld erfolgreicher. Das künstlerische Desaster ist die Folge jahrelanger künstlerischer wie politischer Fehlentscheidungen: Als Boleslaw Barlog 1971 die Generalintendanz der Staatlichen Bühnen an Hans Lietzau übergab, waren die besten Jahre des Schiller Theaters schon vorüber. Barlogs Nachfolger mußte inmitten eines kulturellen Umbruchs agieren. Die Schaubühne, ganz Kind der 68er-Bewegung, machte unter der Leitung von Peter Stein bereits von sich reden. Am Halleschen Ufer wurde ganz neues, politisches Theater gezeigt. Dort besetzte man den „Peer Gynt“ mit acht Schauspielern, tranchierte Shakespeare – und fand sogar einen neuen Zugang zu den antiken Dramen. Das Berliner Publikum war plötzlich in zwei Lager gespalten: Stein interpretierte Kleists „Prinz von Homburg“ an der Schaubühne als Traumreise, Lietzau versuchte zeitgleich die Politisierung des Dramas am Schiller Theater. Aber er konnte dem theatralen Aufbruch in Kreuzberg nicht viel entgegenhalten. „Keine Fortune“ beschieden ihm die Kritiker, als der Intendant 1978, nach sieben Jahren, das Schiller Theater verließ.

Nun sollte Boy Gobert die Paradebühne mit einem Gemischtwarenangebot aus Klassik und Boulevard retten. Sein Verdienst war es, Hans Neuenfels ans Schiller Theater zu binden, insgesamt blieb aber auch Gobert glücklos. Der neue Kultursenator Volker Hassemer verlängerte seinen Intendanz-Vertrag nicht und berief dafür Heribert Sasse, den nächsten Mann auf verlorenem Posten. Als die Berliner Kulturbehörde sich 1988 – nach auch Sasses Abgang – dann noch für ein teamorientiertes Leitungsmodell entschied, die Berufenen aber gar nicht im Team arbeiten wollten, war aus dem Luxusdampfer schon längst ein abgewrackter Kahn geworden.

Die „Vierer-Bande“, mit internen Streitigkeiten vollauf beschäftigt, verschlief den nächsten Aufbruch nach der Wende. Das Publikum wanderte in den nun wieder zugänglichen Osten ab, in Thomas Langhoffs klassikorientiertes Deutsches Theater.

2. In Sachen Platz gegen Qualität

Es ist kein Wunder, daß nun ausgerechnet das Schiller Theater geschlossen werden soll. Als auf den Tag genau vor einem Jahr für die Freie Volksbühne der letzte Vorhang fiel, hätte man schon die Zeichen deuten können: Das Haus an der Schaperstraße mit seinen fast zwölfhundert Plätzen war für den Verdrängungskampf um die Publikumsgunst schlecht gerüstet – es war schlicht zu groß. In Zeiten, da das Theater den gesellschaftlichen Ereignissen orientierungslos hinterherläuft, kann offensichtlich niemand mehr eine Gemeinschaft von über tausend Menschen allabendlich auf eine einzige Inszenierung einschwören. Zu groß ist die Konkurrenz, zu vage das künstlerische Angebot.

Wie die 1963 erbaute Freie Volksbühne ist auch das Schiller Theater 1951 für eine monolithische Kulturepoche erbaut worden. Jürgen Schitthelm hat in der Schaubühne dagegen vier Spielstätten unterschiedlicher Größe zur Verfügung. Wenn fünfhundert Zuschauer in seinem 600-Plätze- Parkett sitzen, ist der SaalA fast ausverkauft. Im Schiller Theater ist der Zuschauerraum dann halb leer.

Insofern haben die Befürworter der Staatlichen Bühnen recht, wenn sie jetzt anmerken, daß in den letzten Jahren nicht alles schlecht war, was im Schiller Theater gezeigt wurde. Es gab durchaus künstlerische Höhepunkte, Katharina Thalbachs Inszenierungen „Was Ihr wollt“ und „Hase Hase“ beispielsweise. Für den Erhalt einer Bühne mit diesen finanziellen und räumlichen Dimensionen war das aber zu wenig. Die Dinosaurier sterben wohl doch aus. Ihren Platz werden die Tingeltangel-Produzenten einnehmen, die mit lukrativen Package-Tours und großen Werbeetats die Touristen eines ganzen Landes in ihre Theater locken können. Als dem Musicalproduzenten Kurt Deyhle das Schiller Theater dieser Tage zur Nutzung angeboten wurde, winkte er ab: ein zu kleines Fossil.

3. In Sachen Armut gegen Kunstgenuß

Man hat dem Kultursenator Roloff-Momin vorgeworfen, eine hektische, unüberlegte Entscheidung getroffen zu haben, die kurzfristig nicht einmal zur Einsparung der anvisierten Millionen führen wird. Und es ist wahr, daß eine beherzte Entscheidung vor Monaten nicht nur gegenüber den Mitarbeitern der Staatlichen Bühnen menschlicher gewesen wäre, sie hätte auch die vielen Abfindungen und Lohnfortzahlungen verhindert. Die seinerzeit nur wenig beachtete Schließung der Freien Volksbühne war gegen diesen jetzt verkündeten „Nacht und Nebel“- Beschluß ein vergleichsweise geordneter Rückzug. Die Schließung war langfristig angekündigt, laufende Verträge konnten rechtmäßig abgewickelt werden, Kündigungsfristen wurden eingehalten. Trotzdem mehrten sich auch vor einem Jahr die Stimmen, man spare bei der Schließung der Freien Volksbühne nicht wirklich.

Theater lassen sich – das muß man spätestens jetzt erkennen – nicht kostengünstig abwickeln: 1991 kostete die Volksbühne mit ihrem täglichem Spielbetrieb den Senat 13,3 Millionen. Ein Jahr später, das Haus war seit dem Sommer geschlossen, betrugen die Subventionen immer noch 12 Millionen Mark. Aber schon ein weiteres Jahr später schlägt die Volksbühne im Haushalt nur mehr mit 3,5 Millionen Mark zu Buche. Und wenn Friedrich Kurz dort im nächsten Jahr „Shakespeare &Rock'n'Roll“ zeigt, wird er auch diese Summe übernehmen. Mit der Schließung eines Theaters läßt sich nur mittelfristig Geld sparen.

Aber was soll man tun, wenn man heute schon weiß, daß man sich morgen 21 subventionierte Sprechtheater nicht mehr leisten kann? Lange wurde der Berliner Kultursenator kritisiert, weil er seine private Vorliebe für das Theater deutlich in Politik umsetzte. Seit seinem Amtsantritt hat er mit allen Mitteln versucht, die vielen Bühnen der Stadt zu erhalten. Sein Etat stieg anteilig zum Gesamthaushalt von 2,1 Prozent 1991 auf 2,6 Prozent 1993. Diese Steigerung ist winzig klein, aber in Zeiten der städtischen Finanznot auch ein politischer Erfolg.

Jetzt ist in Berlin Matthäi am letzten: Täglich zahlt die Stadt fünf Millionen Mark Zinsen für ihre Schulden. Die Nettoneuverschuldung steigt trotz der rigiden Sparmaßnahmen, die alle Ressorts treffen.

Und es ist abzusehen, daß die sieben mageren Jahre noch nicht vorüber sind. Berlin ist eine West- Metropole im Herzen des armen Ostens. Wenn die Bonner Aufbauprogramme demnächst auslaufen, wenn der „Aufschwung Ost“ dann durch den Länderfinanzausgleich finanziert werden muß, wird es dadurch auf Jahre zu einem „Abschwung West“ kommen. Nicht mehr nur zwischen Anklam und Zwickau wird man sich weiter bescheiden müssen – die Kulturdezernenten von Bremen bis München werden dann merken, daß ihre Steuereinnahmen zu großen Teilen in die neuen Bundesländer fließen. Was man im reichen Westen noch immer für Folgen einer wirtschaftlichen Rezession hält, ist in Wahrheit ein umfassender Strukturwandel: Das vereinte Deutschland ist nicht gleich reich, sondern gleich arm.

4. In Sachen Ost gegen West

Der Kampf um den Erhalt des Schiller Theaters ist auch ein Kampf um die uneingeschränkte Kontinuität westlichen Wohlstands. Zu Recht fragt Frank Castorf jetzt, wo eigentlich der nationale Aufschrei blieb, als in den neuen Bundesländern die Industriekombinate abgewickelt wurden, als die kleinen Landestheater schließen mußten, als in Ostberlin eine Bühne nach der anderen zur Disposition stand? „Auch wir stellen unseren Etat zur Diskussion“,

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erklärten die Berliner Ost-Intendanten Castorf, Langhoff und Hetterle, „wenn die Häuser zwischen Bochum und Düsseldorf, Köln und dem Schiller Theater unter den finanziellen Bedinungen der Ostberliner Theater (...) arbeiten.“

Immer noch verläuft eine Mauer durch Berlin. Im Ostteil der Stadt werden die Bühnenarbeiter mit nur 80 Prozent der Westgehälter entlohnt, dieselben Häuser wurden aber dafür auf Grund saniert. Noch vor wenigen Wochen mußte Thomas Langhoff auf seiner Jahrespressekonferenz bekanntgeben, daß in seinem Haus eine komplette Bühnentechniker- Schicht fehlt. „Unsere Arbeitsfähigkeit ist eingeschränkt“, erklärte er bitter, „die wichtigste Voraussetzung für Produktivität fehlt: das Personal.“

Zu den Solidariätskundgebungen für das Schiller Theater kam, neben den vielen West-Kollegen, auch eine Abordnung des Batteriekombinats Belfa aus Treptow: Seit über einem Jahr kämpft man dort gegen die Abwicklung durch die Treuhand, weitgehend unter Ausschluß der Westöffentlichkeit. „Wir sind solidarisch mit euch“, erklärte die Belfa-Betriebsrätin Brigitte Jucha, „seid ihr es auch mit uns!“ Der aufmunternde Applaus des Berliner Bildungsbürgertums wird die Batteriewerke wohl kaum retten. Zu tief sind die Gräben, und zu wenig Zeit bleibt, sie zuzuschütten. Als das neue Leitungsteam der Staatlichen Bühnen am Donnerstag, unbeirrt von allen Schließungsentschlüssen, der Presse den Spielplan für die nächste Saison vorstellte, war die alte Arroganz des Westens schon wieder erwacht: Da die Osttheater, von der Okkupation noch gänzlich traumatisiert, vor allem mit der Aufarbeitung ihrer eigenen Geschichte beschäftigt seien, obliege die künstlerische Synthese von Ost und West allein dem Schiller Theater, erklärte der neue künstlerische Direktor des Hauses, Gerhard Ahrens – ein Westler. Man will jetzt die Ereignisse der letzten Wochen für die Kunst nutzen: „Wir hier können die Krise des westeuropäischen Bewußtseins bewußtmachen“, erklärt Gerhard Ahrens.

Einar Schleef, der vom Berliner Ensemble (BE) zum Schiller Theater kam, will seinen „Faust“ also in jedem Fall weiter proben, allerdings knirscht es schon jetzt gewaltig im Schillerschen Gebälk. Die stets etwas unorthodoxen Vorstellungen des Regisseurs treffen nicht auf einhellige Zustimmung beim nun von Abwicklung bedrohten Ensemble. Sehnsuchtsvoll erinnert sich Schleef an seine eigene Schauspielertruppe, die er fast gänzlich im BE zurücklassen mußte. Sie wurden von den neuen Leitern der alten Brecht-Bühne nicht freigestellt, um Schleef am Schiller Theater zum Erfolg zu führen. Eine späte Rache, findet der Künstler. Aber ist es nicht auch eine vernünftige Forderung, daß Schleef unter 86 Ensemblemitgliedern des Schiller Theaters 28 finden soll, die bereit sind, ihm auf seinen „Faust“- Pfaden zu folgen? „Wir alle wissen, daß wir mit weniger Geld, manchmal mit weniger Aufwand, weniger leerlaufender Betriebsamkeit auskommen können“, hatte August Everding, Präsident des Deutschen Bühnenvereins, am vergangenen Sonntag erklärt. Pfründe sollen überdacht werden: muß jeder Regisseur seine Protagonisten mitbringen, es für jede Streichfassung gleich Bearbeitungstantiemen geben?

5. In Sachen Kunst gegen Kosten

Die Liste der Versäumnisse ist lang und absurd. Auch in anderen Sparten des subventionierten Kulturbetriebs wird man spätestens jetzt umdenken müssen. Zu deutlich ist die Signalwirkung. Das Schiller Theater zu schließen, heißt, den Notstand auszurufen. Was den Sprechtheatern heute widerfährt, kann morgen schon den Opernhäusern blühen. Deren Etats sind noch höher, weil ihr Spielbetrieb noch aufwendiger ist.

Bislang wurden die drei Berliner Opern vom öffentlichen Sparzwang weitgehend verschont. Die Platzausnutzung aller Häuser ist passabel; der Senat goutiert, daß die Bürger die Arbeit der Opern goutieren. Aber prinzipiell ist mit der Schließung des Schiller Theaters der Damm gebrochen. Am Donnerstag hat der neue bayrische Ministerpräsident Edmund Stoiber bereits zwei weitere Kultureinrichtungen den reißenden Sparfluten überantwortet – was den Preußen recht ist, ist den Bayern billig. Die Bauvorhaben „Staatsgalerie Moderne Kunst“ in München und „Neue Sammlung moderner Kunst“ in Nürnberg werden ausgesetzt. Insgesamt 260 Millionen Mark Baukosten spart das Land mit dieser Entscheidung. Damit kann auch diese Summe in das Bauloch der Prachtresidenz des Landesfürsten fallen.

Auch die Kommunalverwaltungen der kleinen Städte könnten das Berliner Signal in ihrem Sinne mißverstehen. Die örtlichen Kunstmuseen, die kleinen Stadttheater und öffentlichen Bibliotheken stehen schon lange auf den provinziellen Abschußlisten. Dabei wird allerdings übersehen, daß die kulturelle Grundversorgung in Rostock zu einem Gutteil vom dortigen Volkstheater abhängt, während man in Berlin auch ohne das Schiller Theater innerhalb von zwei Wochen über 300 verschiedene Inszenierungen sehen kann.

5. In Sachen Signal gegen Signal

In der Diskussion um den Erhalt der Staatlichen Bühnen wurde in den vergangenen Wochen Zeichen um Zeichen gesetzt. Keines davon hat die Diskussion auf eine realistische Basis gestellt, man hat nur die Hysterie hundertfach gespiegelt. Die Intendanten der nordrheinwestfälischen Theater wollen Berlin so lange boykottieren, bis der Senatsbeschluß revidiert wird. Pina Bausch hat auf Weisung ihres Wupperthaler Intendanten Holk Freytag ein zweitägiges Gastspiel an der Berliner Volksbühne abgesagt. „Sie wäre wohl gerne gefahren“, erklärte Freytag, „aber der kulturpolitische Schaden für den Boykott wäre zu groß gewesen.“ Die neue West-West-Allianz zwischen den Theaterschaffenden soll vor allem verhindern, daß es einen der ihren trifft. Keine Bühne darf geschlossen werden, lieber nimmt man in Kauf, daß im Ostteil Berlins die dringend notwendigen Etataufstockungen ausbleiben.

Die Politisierung des Theaters als Institution hat auffallend plötzlich begonnen – nicht mit Rostock, Mölln oder Solingen. Sondern jetzt, wo es an die eigenen Pfründe geht, erklärt August Everding: „Wo Kultur wegbricht, ist Platz für Gewalt.“ Mit Solingen gegen Etatkürzungen: deutliche Worte, westdeutsche Zeichen.

6. In Sachen Minetti gegen das Land Berlin

Ob die Staatlichen Bühnen Berlin morgen wirklich für immer ihre Pforten schließen, wird sich wohl nicht mehr politisch, sondern nur noch gerichtlich entschieden. Zwei Klagen sind bereits erhoben worden. Vor dem Bühnenschiedsgericht will der Rechtsanwalt Dr. Peter Raue für die Ensemblemitglieder des Schiller Theaters das Recht auf öffentliche Darbietung einklagen. Der Antragsteller Bernhard Minetti begehrt laut Klageschrift, „seine ihm vertraglich zugesicherte Rolle des ,Puck‘ in einem Stück ,Ein Sommernachtstraum‘ von William Shakespeare in der Inszenierung von Hans Neuenfels am Schiller Theater der Staatlichen Schauspielbühnen Berlin auch in der Spielzeit 1993/94 spielen zu können.“ Das sei ein durchaus übliches Klageverfahren, erklärt Minettis Anwalt, die Aussichten auf Erfolg sind groß. Der Anspruch, als Schauspieler auf der Bühne zu stehen, kann allerdings auch mit einer finanziellen Abfindung abgegolten werden. Wichtiger ist da schon die Verfassungsklage der FDP, die ihre Rolle als Oppositionspartei in neuerdings üblicher Weise wahrnimmt. Da der Senatsentschluß von den Entscheidungsträgern der SPD und CDU bisher nicht zurückgenommen worden ist, will man mit einer einstweiligen Verfügung des Landesverfassungsgerichts eine Aussetzung des Beschlusses erwirken. Die Kläger machen dabei geltend, daß im bestehenden Haushaltsplan ein Etat für die Staatlichen Bühnen vorgesehen ist, das Parlament müsse also erst in einer außerordentlichen Sitzung befragt werden, ob diese Mittel umgewidmet werden können.

Im Senat ist man allerdings guten Mutes, die Klage aussitzen zu können: Die in Klage stehenden 41 Millionen würden auch im Falle einer Schließung für nichts anderes als für die Staatlichen Bühnen ausgegeben werden können. Da die städtischen Bediensteten vertragsgemäß weiter beschäftigt werden müssen und Herr Minetti wohl Anrecht auf eine Abfindung hat, gebe man das Geld ja planmäßig für das Schiller Theater aus. Die Bühnentechniker sollen auf andere städtische Spielstätten verteilt werden, wo sie dringend benötigt werden, und „irgend jemand muß das Haus ja auch lüften“, weiß der Pressesprecher des Kultursenators Rainer Klemke. Nur gespielt werden würde dann im Schiller Theater nicht mehr. Das Sommertheater müßten dann andere inszenieren.