Drei für den Schlachter

■ Drei tote Vollblüter bei Jagdrennen im Rahmen der Derbywoche in Hamburg-Horn

Ein Hauch von Ascot liegt über der Galopprennbahn in Hamburg-Horn. Wärrie brittisch, wie es die BewohnerInnen Hammonias nun einmal gerne sein wollen, werden wie beim großen Vorbild, dem alljährlichen Pferderennen im englischen Ascot, an diesem einen Sonntag im Jahr die neuesten Schöpfungen der hiesigen Hut-Couture durch die vermeintlich bessere Gesellschaft präsentiert. Same procedure as every year.

Was so harmlos wie anachronistisch anmutet, hat in diesem Jahr einen blutigen Beigeschmack bekommen. Trotz exzellenter Bahnbedingungen, wie es allenthalben verlautete, hat am Sonntag bereits das dritte Pferd qualvoll sein Leben lassen müssen. Zum dritten Mal war es ein Jagdrennen, ein Wettkampf mit eingebauten Hindernissen, das für eine Vollblüter zum letzten Aufgalopp wurde. In dem mit 50 000 Mark dotierten „Preis der Hapag-Lloyd“ über 4200 Meter kam der neunjährige Wallach Ismar am letzten Hindernis zu Fall und zog sich einen Aortariß zu. Ismir wurde am Unglücksort eingeschläfert. Gleich dreimal innerhalb von fünf Tagen haben sich in der Hansestadt damit solche Hindernisrennen als todbringend erwiesen. Somit hat, nach vielen anderen Veranstaltungen zuvor, nun auch die Derby-Woche unterstrichen, daß diese Prüfungen keine Berechtigung haben.

Dabei hatte der Hamburger Renn-Club nach den beiden vorangegangenen Todesstürzen Konsequenzen gezogen: Für das Sonntag-Rennen war der Kurs geändert worden. Die schwereren Hindernisse wurden nicht mehr gesprungen – für Ismar waren selbst die verbliebenen zu hoch. Hier offenbart sich das mangelnde Verantwortungsbewußtsein der Besitzer, Trainer und Jockeys. Die Reiter kamen ohne größere Blessuren davon.

Am Mittwoch war im „Adolf-Wöhler-Erinnerungsrennen“ der fünfjährige Hengst Ahnherr am Wassergraben zu Fall gekommen und hatte sich einen Bruch des linken Hinterbeines zugezogen. Es dauerte lange, bevor er getötet wurde. Am Sonnabend wurde im Preis der „Hamburger Nächte“ die vierjährige Stute Meereskunde, die ebenfalls am Wassergraben gestürzt war, auf der Horner Rennbahn eingeschläfert. Experten weisen seit langem darauf hin, daß gerade Wassergräben bei den Pferden regelrechte Angstzustände auslösen und für die meisten Stürze verantwortlich sind.

Doch auf den Thrill der blutigen Sorte gänzlich zu verzichten, dazu scheinen die so gerne unter dem Banner der Tierliebe operierenden Pferdebesitzer, Züchter, Trainer, Jockeys und nicht zuletzt der Hamburger Renn-Club, als Veranstalter, nicht bereit zu sein.

50 000 HamburgerInnen, versammelt am Rund der Galopprennbahn, ließen sich unterdes von ihrem Treiben nicht abhalten. Ein Blick auf die Ehrentribüne zu Altbundeskanzler Helmut Schmidt samt seiner Loki. Schnell noch die letzten Wetten für das zehnte Rennen, dem deutschen Derby, abgeben, die Totalisatoren rattern unentwegt. Vor dem großen Rennen noch einmal kurz über das Gelände flanieren. Einfach nur gucken, was die anderen zur Hutschau beitragen. Dezentes, einen Strohhut etwa, Unglaubliches, wie die Kopfbedeckung einer etwa 40jährigen: schwarz, Durchmesser: fast einen Meter, die Krempe durchlöchert wie ein Lampenschirm des schwedischen Billigmöbelherstellers Ikea und althergebrachtes, wie Bowler und die stolzgeschwellten Zylinderköpfe der Herrschaften vom Hamburger Renn-Club.

P.S: Mit dem Sieg des Außenseiters Lando endete am Sonntag das 124. Deutsche Galopp-Derby in Hamburg.

A. Hoffmann/kader