Zwei Nummern zu groß

■ Mit Vize-Bürgermeister Hans-Jürgen Krupp auf Werbefahrt für Elbvertiefung und Hafenerweiterung Von Marco Carini

Wirtschaftssenator Hans-Jürgen Krupp ist kein Mann für große Bühnen. Seine Wahlkampfpflichten erfüllt der Ersatz-Bürgermeister lieber in trauter Runde. So ganz nach seinem Geschmack ist eine Barkassenfahrt mit einer überschaubaren Anzahl von MedienvertreterInnen, denen er sein Leib- und Magenthema schmackhaft machen will: die Entwicklung des Hamburger Hafens.

Vier Botschaften hatte der Bürgermeister-Vize gestern der versammelten Presse ins Ohr zu träufeln. Erstens: Trotz allgemeiner Rezession boomt Hamburgs Hafen. So feierte der Containerverkehr allein zwischen Januar und März dieses Jahres einen Zuwachs um 8,2 Prozent. Zweitens: Wo immer möglich, scheut die Hansestadt keine Kosten, um die innere Hafenerweiterung voranzutreiben. So konnten durch Umgestaltung des Hafenareals in den vergangenen 20 Jahren 218 Hektar Fläche gewonnen werden. Bis zur Jahrhundertwende sollen weitere 130 Hektar dazukommen.

Drittens: Trotz dieser Bemühungen sei „der Zeitpunkt, wo weitere Umstrukturierungen wegen der Flächenknappheit nicht mehr möglich sind, absehbar“. Aus diesen drei „Tatsachen“ ergibt sich Krupps Botschaft Nummer vier: „Die Hafenerweiterung in Altenwerder ist notwendig“, um die Wettbewerbsfähigkeit des Hafens langfristig zu erhalten.

Auf welch schwankendem Kai aber die „Und-ewig-wächst-der-Hafen-Prognosen“ stehen, dafür lieferte die Barkassentour guten Anschauungsunterricht. Beispiel: das neue Fruchtzentrum der Hamburger Hafen- und Lagerhausgesellschaft (HHLA) am Oswaldkai. 170 Millionen Mark haben die HHLA und die Stadt in den vergangenen Jahren in die Errichtung des hypermodernen Umschlagcenters gepumpt, in dem per anno eine Million Tonnen Früchte, vorwiegend Bananen, gelöscht werden können.

Doch während die Angliederung der DDR an die Bundesrepublik dem Umschlag der Wiedervereinigungsfrucht im Hafen allein zwischen 1990 und 1991 ein Plus von satten 25 Prozent bescherte, droht durch die seit 1. Juli geltende EG-Einfuhrbeschränkung für sogenannte Dollar-Bananen aus Lateinamerika eine Talfahrt. Zwei Drittel der 650.000 Tonnen Dollarbananen, die im neuen Fruchtzentrum im vergangenen Jahr umgeschlagen wurden, waren für die EG bestimmt. Sie fallen in Zukunft ersatzlos weg. Auch wenn Krupp darauf setzt, die krumme Frucht verstärkt in den ehemaligen Ostblockländern und in Skandinavien loszuwerden, bekennt er freimütig: „Das wird nicht reichen, um die Verluste auszugleichen“. Das neue Mammutzentrum ist mindestens zwei Nummern zu groß ausgefallen.

Doch von solchen Rückschlägen läßt sich ein Wirtschaftssenator nicht bremsen. Damit Hamburgs Hafen weiter boomt, setzt Krupp nicht nur auf die Einverleibung Altenwerders, sondern auch auf die ökologisch umstrittene Elbvertiefung und den Bau der „Hafenquerspange“, die A1 und A7 südlich der Köhlbrandbrücke verbinden soll. Kritik an dem geplanten Straßenprojekt, mit dem Krupp Verkehr aus der City, Altona und Harburg herausziehen will, läßt der Vize-Bürgermeister nicht gelten. Sie könne, so Krupp, nur „einem kranken Hirn“ entspringen.