piwik no script img

Professur für Vordenker der „Neuen Rechten“?

■ Henning Eichberg für außerordentliche Professur in Stuttgart vorgeschlagen

Nürnberg (taz) – Heute entscheidet der Senat der Universität Stuttgart, ob mit Henning Eichberg einer der Wortführer der „Neuen Rechten“ in Deutschland eine außerordentliche Professur für historische Verhaltensforschung erhält. Schon mehrfach versuchte der 51jährige in den letzten Jahren, wieder an deutschen Universitäten Fuß zu fassen. Seine eindeutig rechtsextreme Vergangenheit vereitelte dies bislang jedoch. Bereits seit Mitte der achtziger Jahre ist Eichberg als Gastdozent in Stuttgart tätig und hofft jetzt auf seine wissenschaftliche Rehabilitierung.

Schon als Schüler und Student engagierte sich Eichberg in rechtsextremen Gruppierungen, um nationalrevolutionären Ideologien zum Durchbruch zu verhelfen. Inspiriert von der „Nouvelle Droite“ in Frankreich versuchte er, die rückwärtsgewandte Richtung des Rechtsextremismus in der BRD zu „modernisieren“. Wissenschaftlich verbrämt kämpfen die „Neuen Rechten“ gegen Liberalismus und Materialismus als den Hauptfeind der Menschheit. Statt plumper „Ausländer raus“-Ideologie vertritt sie den „Ethnopluralismus“, also ein striktes Nebeneinander der verschiedenen Völker, um deren Vielfalt und Unterschiedlichkeit zu wahren.

In seinen Schriften argumentiert Eichberg, daß die Völker „infolge der Rassenmischung ihrer Identität und ihres Gleichgewichts verlustig gegangen“ seien. Er kämpft gegen die „nivellierenden Gleichheitsideen“ und für den Erhalt der „Europiden“. Deren „erbbiologische Voraussetzungen“ seien die Grundlage für die hervorragende Stellung der Europäer in der Welt. Nur eine Zivilisation habe „seit etwa 2.500 Jahren“ einen „Fortschritt auf den Gebieten der Technik und Wissenschaft verzeichnen können, auf den beiden Gebieten also, die zu ihrem Sieg über alle übrigen Kulturen der Welt führten: die europäisch-okzidentale Zivilisation der Weißen“. Ob beim Hochschulbund der NPD, kurze Zeit innerhalb der CDU, dann bei „nationalrevolutionären Basisgruppen“, bei der Kasseler „Aktion Widerstand“ oder als Verfasser der Grundsatzerklärung der „Aktion Neue Rechte“, Eichberg tanzte stets auf verschiedenen Hochzeiten.

Eichberg publizierte nicht nur in der rechtskonservativen Zeitschrift Criticon, in den rechtsextremen Postillen Nation + Europa, student oder wir selbst, mit seinem Konzept des modernisierten Rechtsextremismus gelang es ihm auch, in die Friedensbewegung und in Teile der Grünen hineinzuwirken. Bernd Siegler

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen