Sanssouci
: Vorschlag

■ Yayla – Die Sommerweide auf Teppichen

„Sie leben in den Bergen und in den Ebenen, dort, wo sie gute Weideplätze für ihre Schafe finden. Denn sie bebauen die Erde nicht, sondern leben einzig und allein von ihren Tieren. Sie haben Kleidung aus Leder und Häuser aus Filz und Leder“, schrieb Marco Polo 1298 über die Turkmenen in Anatolien. Aus dieser nomadischen Vergangenheit stammt die Tradition der Yayla, der Sommerweide, die mehr als nur die türkische Sommerfrische meint. Yayla ist eine Lebensform. Yayla ist der Ort, an dem die städtischen, aber auch die Türken vom Land die Sommermonate verbringen. Eine der Hauptbeschäftigungen während der Yayla war das Scheren der Schafe, das Färben der Wolle und ihr Verweben zu farbenprächtigen Teppichen und anderen Textilien. Eine sehenswerte Ausstellung des Museums für Islamische Kunst in Dahlem zeigt derzeit die Resultate: „Yayla – Form und Farbe in türkischer Textilkunst“.

Die reihum an den Wänden hängenden Kelims sind von beeindruckender Farbigkeit. Rot, Blau, Braun, Weiß und Gelb müssen immer verwebt sein, fast immer findet sich Grün, oft Violett, selten dagegen Schwarz. Rot dominiert, an zweiter Stelle steht Weiß, schließlich folgen die Blautöne. Die in unterschiedlicher Technik hergestellten Flachgewebe dienen als Gebetsteppiche in Moscheen und schmücken im traditionellen türkischen Haus das Sofa, den zentralen Kommunikationsraum. Auch Transport- und Vorratssäcke (çuval), Taschen, Zeltbänder und Packgurte sind so gewebt. Etwa die Sattelgurte des Markgrafen von Baden, die in seinem „Inventar zur Prager Reise“ von 1721 erstmals aufgeführt sind.

Es scheint schwierig, bei Textilien genaue Altersbestimmungen vorzunehmen, folglich sind die Kelims nicht datiert. Erwähnt sind dagegen die Ankaufsdaten durch verschiedene europäische Museen und Sammler, sie geben einen ungefähren Anhaltspunkt für das Alter der Gewebe. Da die Muster und Motive der Webarbeiten traditionell weitergegeben und wenig verändert wurden, ist es möglich, sie den verschiedenen Regionen Anatoliens oder auch unterschiedlichen Ursprungsepochen zuzuordnen. Das Weltenbaummotiv etwa rührt noch aus Zeiten schamanistischer Religionspraxis, während die Gebetskelims die ornamentale Gliederung der Gebetsnischen (mihrab) in den türkischen Moscheen wiederholen. Die großformatigen osmanischen Kelims des 16. und 17. Jahrhunderts zeigen naturalistische Blumenmotive, die europäisch anmuten. Das sogenannte Lotto-Muster geht denn auch auf den italienischen Maler Lorenzo Lotto zurück. Brigitte Werneburg

Bis zum 1. August, Museum für Islamische Kunst, Dahlem, Lansstraße 8. Katalog: 98 DM