■ Volksverhetzung, die sich gegen Inländer richtet, ist strafbar
: Das Volk und die Hetz'

Große Wahrheiten zeigen sich im Kleinsten. An Lessings schönes Diktum erinnert uns die Staatsanwaltschaft Osnabrück, wie sie uns auch nachdrücklich beweisen will, daß es den von Grosz gezeichneten und von Pawlow konditionierten Juristen doch noch gibt.

Der gegebene Anlaß heißt Pater Basilius Streithofen, bis Oktober letzten Jahres enger und „geistiger“ Berater des Bundeskanzlers und als solcher durch die diversen Talk-Shows bis zu einer CDU-Veranstaltung nach Meppeln gereicht. Dort sagte der Pater, Juden und Polen seien „die größten Ausbeuter des deutschen Steuerzahlers“. Dies trug ihm eine Anzeige wegen Volksverhetzung – vom Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Niedersachsen sowie einem Kriminalbeamten – ein.

Nun ist die Volksverhetzung vom Tisch. Die Staatsanwaltschaft Osnabrück erkannte, „eine strafbare Volksverhetzung“ liege nur vor, wenn sie „gegen Teile der Bevölkerung“ gerichtet sei, und daß der Gesetzgeber damit eindeutig nur den „inländischen Teil der Bevölkerung“ meine. Ende des Verfahrens, und Basilius sic Rehabilitatus wird wohl bald wieder in des Kanzlers Dunstkreis tauchen dürfen.

Wir aber müssen noch einige Lehren aus der schönen Geschichte saugen. Zunächst wohl die, daß der Heilige Geist, anderen Tauben darin nicht unähnlich, vorzugsweise in den miefigsten Stammtischecken brütet. Zweitens müssen wir nun, Multikulturellem generell nicht abgeneigt, sorgfältig zwischen den inländischen und – wie soll das nun heißen? – nicht inländischen Teilen der Bevölkerung unterscheiden. Wenn wir also hetzen wollen, dann dürfen wir dies wohl nicht gegen die Staatsanwaltschaft Osnabrück (sicherlich inländisch und arisch), aber sehr wohl gegen Juden, Polen und das ganze Ausländergesocks. Jawoll, das dürfen wir, auch wenn wir nicht gerade Dominikaner (= domini canes = Hunde des Herrn) und Kanzlerberater sind.

Unseren Lesern möchten wir jedoch raten, faschistischen und chauvinistischen Trieben nur im Einzugsbereich der Staatsanwaltschaft Osnabrück zu frönen. Die unterscheidet sich zwar nicht sonderlich von ihren bundesweiten KollegInnen, aber sie hat uns die Erlaubnis nachdrücklich gegeben. Und sollten uns „verwirrte, wahnsinnige Jugendliche“ mit „Brandbeschleunigern“ folgen – uns kann nichts geschehen, vorausgesetzt, es wurde nicht irrtümlich auch ein „inländischer Teil der Bevölkerung“ abgefackelt.

Auf unsere Staatsanwaltschaften ist eben Verlaß. Lasset uns darauf einen Salamander reiben! Hans-Georg Behr

Publizist, lebt in Hamburg