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■ Vom Asyl- zum ScheinrechtEin Pamphlet

In Deutschland herrscht ein Klima, in dem alles möglich zu sein scheint: von der Mordbrennerei gegen MigrantInnen bis zur quasi staatlich sanktionierten Todesstrafe. Die von der CDU nach 1982 propagierte konservative „Wende“ erlebt ihren brutalen Höhepunkt. Rückblende: Bundesinnenminister Rudolf Seiters trat am vergangenen Sonntag spektakulär zurück. „Im Zusammenhang mit dem Einsatz in Bad Kleinen und seiner Aufarbeitung“, wie er selbst seinen Schritt vor der Presse erklärte. Er übernahm damit die politische Verantwortung für eklatante Schlampereien und skandalöse „Pannen“ ihm unterstellter Behörden. Der Fall ist hinreichend bekannt. Ein GSG-9- Beamter soll den mutmaßlichen Terroristen Wolfgang Grams „aus nächster Nähe erschossen“ haben. In einer Republik, in der das Aussitzen von brisanten politischen Konflikten zur Tagesordnung gehört, kam der Entschluß von Seiters schier einer Revolution gleich. Und alle – von Politikern der Opposition bis zu den Medien – zollten dem Ex-Minister dafür Respekt.

Seinen Hut hätte der Schäuble-geschädigte CDU-Paladin Helmut Kohls allerdings viel früher nehmen müssen, wäre ihm wirklich an der politischen Kultur und Moral dieses Landes gelegen. Er war es, der die Asyldiskussion in der Öffentlichkeit forcierte und den menschenrechtsverachtenden, sogenannten Asylkompromiß auf den Weg brachte. Und war es nicht Seiters, der für seinen Kanzler angesichts der Morde von Mölln und Solingen dessen Abwesenheit vor Ort mit dem Ablehnen des „Beileidstourismus“ begründete? Damals regten sich die journalistischen Gemüter nur für ein paar Tage auf. Niemand außer einigen MigrantInnen-Organisationen forderte wegen dieser Politik des Rassismus und der Unverantwortung offen den Rücktritt dieses Ministers, dieser Regierung!

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