Nachfolger für ABM

■ Paragraph 249 h als Chance für ABM-Projekte im Osten / Nähe zum ersten Arbeitsmarkt / Längere Förderungsdauer

Nächste Woche wird die Gesellschaft für Altenpflege (GFA) in Prenzlauer Berg die erste Tagespflegestätte für Senioren in Berlin eröffnen. „Das ist ein Bindeglied, das in der Versorgungskette bisher gefehlt hat“, sagt Friedrich Pongratz, Geschäftsführer der Westberliner Muttergesellschaft. Beinahe hätte die GFA, die auch Beratungskonzepte und Hauspflegemodelle erarbeitete, schon aufgeben müssen. Die auf ABM-Basis gegründete GmbH wurde im März vom ABM-Stopp kalt erwischt. Doch nachdem 20 der ehemals 30 MitarbeiterInnen fast einen Monat lang ehrenamtlich weiterarbeiteten, kam die GFA als erstes Projekt in den Genuß der Förderung gemäß Paragraph 249 h des Arbeitsförderungsgesetzes.

Unter dem Motto „Arbeit finanzieren statt Arbeitslosigkeit“ verabschiedete der Senat im März ein Sofortprogramm, um zumindest einen Teil der wegbrechenden Arbeitsplätze erhalten zu können. Nach dem ABM-Stopp im Frühjahr sind von den ehemals 30.000 ABM-Stellen im Ostteil der Stadt nur noch 21.000 übrig, Ende 1993 werden es nur noch 14.000 sein. Mittels des Paragraphen 249 h können Lohnkostenzuschüsse in Höhe von 15.120 Mark im Jahr von der Bundesanstalt für Arbeit (BAA) beantragt werden. Das Land finanziert zwei Drittel der Kosten. Zur Zeit werden etwa 3.800 Stellen auf diese Weise gefördert, mit 10.000 in den nächsten zwei Jahren rechnet die Arbeitsverwaltung. „Der 249 h wird für Berlin wichtiger als ABM“, schätzt Sprecherin Bettina Martin. Er sei für Berlin ein teures, aber gutes Instrument. Da für den 249 h nicht die engen Richtlinien gelten wie für ABM, er zudem auch in der freien Wirtschaft angewandt werden kann, birgt er eine größere Nähe zum ersten Arbeitsmarkt in sich. Noch können allerdings nur Projekte aus dem Jugend-, Umwelt- und Sozialbereich unterstützt werden.

Das Land Berlin hat daher eine Bundesratsinitiative eingebracht, um den Paragraphen 249 h auf die Bereiche Wissenschaft und Kultur auszuweiten. „Von den 14.000 WissenschaftlerInnen, die im Ostteil ,freigesetzt‘ worden sind, sind über 4.000 in ABM“, so Arbeitssenatorin Christine Bergmann (SPD). Auch solle er nicht wie bisher nur für die neuen Länder gelten, sondern auch in der alten Bundesrepublik und Westberlin angewandt werden können. ExistenzgründerInnen sollten ihn ebenfalls beantragen können. „Für die Projekte hat die Förderung im Vergleich zu ABM durch die Förderungsdauer von drei Jahren den Vorteil, daß sie längerfristig planen können“, sagt Gisela Sommer, Geschäftsführerin der Servicegesellschaft „Zukunft im Zentrum“, die bereits für 18 Projekte die Förderung über das Sonderprogramm erreicht hat. Das Geld komme aus den Passiva der BAA und schmälere nicht das Budget für aktive Arbeitsmarktpolitik.

Der Paragraph hat aber auch Nachteile. Die meist gemeinnützigen ehemaligen ABM-Träger dürfen sich auch nicht am offenen Wettbewerb, etwa an Ausschreibungen beteiligen, da sie nicht gewinnorientiert arbeiten dürfen. Eventuelle Eigeneinnahmen verringern die Förderhöhe und dürfen nicht zur Schaffung von Eigenkapital oder Rücklagen für die angestrebte Selbständigkeit verwendet werden. Corinna Raupach