Krisensitzung zum Thema Wagenburg

■ Pankow bereitet sich auf Zuzug vor

Gestern abend packte der Bezirksbürgermeister von Pankow, Jörg Richter (SPD), in einer eigens einberufenen Krisensitzung ein heißes Thema an. Denn Ende des Jahres sollen Menschen in den Bezirk ziehen, deren Lebensgewohnheiten den meisten Bürgern in Pankow höchst fremd sind. Es handelt sich um die etwa 40 Bewohner der Wagenburg am Engelbecken, die laut einem Koalitionsbeschluß von 1991 aus der Innenstadt zu verschwinden haben. Kürzlich hatte der Senat als neuen Stellplatz ein großes Gelände an der Pankgrafenstraße an der Grenze zwischen Pankow und Karow ausgeguckt.

„Über die Entscheidung des Senats bin ich nicht glücklich“, meinte der Bezirksbürgermeister, aber weil das Gelände nicht dem Bezirk gehöre, sondern dem Senat, sei jeder Protest sowieso sinnlos. Jörg Richter befürchet jetzt, daß die Bürger, die ohnehin auf den Senat böse sind, weil sie schon die zentrale Umwelt- und Recyclinganlage schlucken mußten, ihren Unmut gegen die mit einem schlechten Renommee behaftete Wagenburg richten könnten. Etwa nach dem Motto: „Nun kommt aller Dreck nach Osten.“ Damit dieses nicht passiert, wirbt er jetzt bei Kirchen und Parteien um Akzeptanz und Hilfe für die Neubürger.

Auch die Bewohner der Wagenburg, die seit 1987 genau zwischen dem Bezirk Mitte und Kreuzberg in Bau-und Lastwagen leben, haben Bedenken gegen einen Umzug nach Pankow. Vorgestern fand auf Initiative der katholischen St.-Michael-Gemeinde zum ersten Mal ein Gespräch zwischen 15 bis 20 Bewohnern der Wagenburg mit Vertretern der Senatskanzlei und der Sozialverwaltung statt. Die Positionen blieben unverändert. Die Verwaltungen bestehen auf einem Umzug, weil das Engelbecken mit Spiel- und Sportstätten bebaut werden soll. Die Betroffenen wollen nicht in den Norden abgeschoben werden, weil dort der nächste S-Bahnhof 2,5 km entfernt sei, keine Telefonzellen vorhanden, dafür „Faschos“ in der Nähe seien. Das Versprechen der Verwaltung, auf dem Stadtgut Toilettenwagen, fließendes Wasser und Stromanschlüsse zu installieren, beruhigte sie nicht. Darüber hinaus überlegt die Sozialverwaltung, drei Sozialarbeiter mit dem speziellen Arbeitsgebiet „Wagenburg“ einzustellen. Pastoralreferent Hans-Joachim Ditz von der St.-Michael-Gemeinde wertete es „als großen Erfolg“, daß die Wagenburgler wenigstens einem Besichtigungstermin zugesagt haben. Als Sofortmaßnahme soll in den nächsten Tagen das Gelände im Engelbecken entrümpelt werden. Denn der Müll, der dort rumliegt und immer den Wagenburglern zugeschoben wird, stamme nicht von diesen, sagte Ditz. aku