Kunst im Tunnel

■ Lindentunnel wird mit Ausstellung als Veranstaltungsort wieder geöffnet

Berlin hat einen neuen Veranstaltungsort für alternative Kunst: Der Lindentunnel, in dem bis 1951 Straßenbahnen die Linden unterquerten, öffnet heute mit dem Ausstellungsprojekt „Chronolyse“ von Christian Möller. Der Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Kultur, Winfried Sühlo, sprach gestern von einer historischen Stätte, die es wert sei, genutzt zu werden. Nach Angaben von Wolfgang Watzlaw vom Verein Lindentunnel hat die Kulturverwaltung 50.000 Mark für die kommenden drei Projekte bewilligt. Im September und Oktober sollen die Produktionen „Misere“ von Rudolpha Moser sowie „Here, There & Everywhere“ von Cecilie Dahl, Franz Jacobi und Emilio Lopez- Menchero folgen.

Das Projekt „Chronolyse“ (Zeitzerlegung) zeigt auf zwei gegenüberliegenden Diawänden Bilder aus Berlin in den Jahren von 1933–1945. Der Betrachter hat selbst die Möglichkeit, die Bilder zu wählen, indem er auf einer Zeitleiste auf und ab geht. Durch den Fußabdruck werden die entsprechenden Bilder für den jeweiligen Zeitraum projiziert.

Der Lindentunnel wurde von 1914 bis 1916 auf Anweisung von Kaiser Wilhlem II. errichtet. Er wollte vom Schloß aus die Straßenbahnen nicht sehen. Den viergleisigen Tunnel konnten stündlich 240 Straßenbahnwagen in beide Richtungen passieren. Nach dem Krieg war er 1950 für nur ein Jahr wieder in Betrieb genommen worden. Zu DDR-Zeiten wurde der Tunnel von SED-Kampfgruppen als Lagerplatz benutzt. Bei der Wiederentdeckung des Tunnels vor einigen Jahren befanden sich darin verrottete Stahltresore, leere Karteikartenkästen, abgewetzte Sessel und kaputte Schreibtische, die inzwischen weggeräumt wurden. Der Eingang des Tunnels ist neben dem Maxim Gorki Theater. dpa