Roma müssen Lager in Kehl aufgeben

■ Nur eine kleine Mahnwache darf an der Grenze bleiben

Kehl (taz) – Der große Protestzug, mit dem 500 von Abschiebung bedrohnte Roma aus dem früheren Jugoslawien zunächst auf dem ehemaligen Gelände des Konzentrationslagers Dachau und später im badischen Kehl ein Bleiberecht in Deutschland gefordert hatten, ist zunächst einmal zu Ende. Gestern Mittag verließ ein Großteil der Gruppe, das in Neumühl bei Kehl gelegene Camp. Nur etwas 30 Roma zogen auf einen Platz in unmittelbarer Nachbarschaft, der zwischenzeitlich von einem Bauern angemietet wurde.

Tags zuvor hatte die Lage sich plötzlich zugespitzt, als Polizei vor dem Camp aufgezogen war. Die Stadt Kehl war nicht bereit, den Umzug der ganzen Gruppe auf den neuen Platz zuzulassen. Erstmals hatte es dabei Personenkontrollen gegeben, bei denen es zu einer Festnahme kam. Der Betroffene ist zwischenzeitlich in Abschiebehaft. In mehrstündigen Verhandlungen mit dem Kehler Oberbürgermeister, Detlev Prößdorf (SPD), wurde dann die Einigung erzielt, daß auf dem gemieteten Platz eine Art Mahnwache von 30 Personen zurückbleiben kann, während der Rest der Gruppe Kehl verlassen muß.

Trotzdem: Als Niederlage will Rudko Kawczynski vom Roma- Nationalcongress (RNC) die jüngste Entwicklung nicht bewerten. „Es wäre unzumutbar gewesen, die Großgruppe noch länger zusammenzuhalten,“ so Kawczynski, „außerdem wollten wir jede Konfrontation mit der Stadt Kehl vermeiden, die bisher viel getan hat, um uns zu helfen.“ Zumindest bis zum 30. August wird die Roma- Mahnwache in Kehl jetzt wohl ausharren. Dann nämlich wird die europäische Menschenrechtskommission über die Klage beraten, die die Roma-Vertreter beim Europäischen Gerichtshof in Straßburg gegen die Bundesrepublik eingereicht haben.

Die Roma, die abgereist sind, sollen bundesweit in Quartieren unterkommen, die über Roma-Initiativen organisiert wurden, um sich, so Krawczynski, „an ab Ende nächster Woche stattfindenden Demonstration und Grenzblockaden teilzunehmen.“ Noch immer ist der RNC-Vertreter zuversichtlich, daß die seit dem 16. Mai andauernde spektakuläre Aktion ein positives Ende finden wird. Die Hoffungen gelten dabei fast ausschließlich der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes. Das Bundesinnenministerium nämlich stellt sich weiter stur. Kurz angebunden wurde den Roma-Vertretern beschieden: „kein Gesprächsbedarf.“ Ulli Füchs