Kreuzritter für Frieden und Wiederaufbau in Somalia

■ Italien will seine Führung des UN-Einsatzes in Somalia festigen – Außenminister Benjamino Andreatta warnt vor weiteren „unkoordinierten“ Bombardierungen

Die italienische Regierung befürchtet, daß die UNO in Somalia ihren eigentlichen Auftrag, die Absicherung humanitärer Hilfslieferungen, aus den Augen verliert. Das Außenministerium in Rom forderte daher am Wochenende alle anderen UNO-Truppenkontingente auf, in Zukunft vor militärischen Aktionen gegen General Aidid oder andere Warlords die Partner zu konsultieren. Trotz der Gefahr, daß solche Beratungen die militärische Flexibilität der UNO einschränken könnten, würden nach Ansicht italienischer Politiker durch derartige Konsultationen „Mißverständnisse“ – wie etwa die Ermordung dreier italienischer Soldaten nach dem US-Militärschlag gegen Aidid – künftig vermieden werden können.

Italiens Außenminister Benjamino Andreatta erklärte am Samstag gegenüber der Washington Post, seine Regierung sei nach wie vor bestürzt über die Neigung der US-Militärführung, bei der Befriedung Somalias auf Gewalt statt auf Diplomatie zu setzen. Der Unterstellung, Italien wolle sein Kontingent aus Somalia abziehen, widersprach der Politiker allerdings. In der emotionsgeladenen Atmosphäre nach dem Mord an den drei Soldaten und dem Versuch der UNO, den italienischen Kommandeur der UN-Schutztruppen in Somalia (UNOSOM) zu entlassen, hatte es zunächst nach einem Abzug ausgesehen. „Die Atmosphäre ist schon wieder besser“, sagte der Außenminister, „aber wir brauchen eine genauere Abstimmung. Über die politische Ausrichtung unserer Mission muß unbedingte Einigkeit herrschen.“

Spannungen seien unvermeidlich, so Andreatta weiter, wenn aber die UNO-Truppen in Somalia scheiterten, könnte dies für künftige Missionen in Afrika und anderswo auf der Welt schlimme Folgen haben. „Wir sind wie die Kreuzritter, die aus aller Herren Länder kamen, um die christlichen Stätten aus feindlicher Hand zu befreien. Die UNO hat uns beauftragt, Frieden zu schaffen. Also werden wir unsere Differenzen überwinden und einen Weg finden, um unser Ziel zu erreichen.“

Differenzen mit den USA Folge der Arbeitsteilung

Der Außenminister erkennt laut Washington Post die Tatsache an, daß die Spannungen zwischen Italien und den USA in der Hauptsache auf unterschiedliche Aufgaben in Somalia zurückzuführen sind. Als die UNO im Frühjahr das Kommando über die Somalia- Operation übernahm, reduzierten die USA ihre Präsenz. Die der UNO unterstellten Italiener sind in den gefährlichsten Gegenden der Hauptstadt Mogadischu stationiert und haben Anweisung, bei den Verhandlungen mit den Clanchefs über die Entwaffnung äußerste Vorsicht zu bewahren. Die 4.000 US-Soldaten, die dem UN- Kommando unterstellt sind, widmen sich dagegen vorwiegend logistischen Aufgaben.

Andreatta betonte, die italienische Regierung und ihr Kommandeur in Somalia seien sich bewußt, daß sie mit allen Kräften in Somalia reden müssen, um Erfolg zu haben. Die Unterwerfung der Warlords durch Bombardierungen sei dem Wiederaufbau und der Schaffung stabiler Verhältnisse nicht dienlich. „Wir haben Erfahrung im Umgang mit den Somalis, die einst zum italienischen Kolonialreich gehörten. Wir wissen, daß sie zuallererst und vor allem Händler sind“, sagte der Außenminister. „Sie haben dort verschiedene Clans, mit wechselnden Bündnissen, aber sie alle wissen, daß wir ihnen von Nutzen sein können beim Wiederaufbau ihres Landes.“ William Drodziak (wps)