Geisterstadt der GUS-Truppen

■ Die ehemaligen GUS-Liegenschaften in der Döberitzer Heide sollen als Wohnungen genutzt werden / Gebäude in desolatem Zustand / Teure Sanierung

Wie eine Geisterstadt liegen die verlassenen Offiziershäuser und Kasernen nördlich der Döberitzer Heide. Entlang der Bundesstraße 5 von Berlin Richtung Nauen erstrecken sich über mehrere Kilometer die ehemaligen Liegenschaften der GUS-Truppen. Nachdem die sowjetische Armee 1991 abgezogen war, zeugen von ihrer Anwesenheit nur noch vereinzelte Schilder an den Hauswänden und russische Sprüche auf den Mauern: „Der Sport – Bote des Friedens“.

In den Kommunen Dallgow- Döberitz, Elstal und Wustermark sollen zu DDR-Zeiten bis zu 30.000 russische Offiziere mit ihren Familien gelebt haben. Heute liegt alles verlassen zwischen Birken, Obstbäumen und kniehohem Gras. Seit mittlerweile zwei Jahren stehen die Gebäude im Elsgrund, der auch das ehemalige Olympische Dorf von 1936 umfaßt, leer. In der Kirschsteinsiedlung, nahe dem kleinen Ort Elstal, stehen 19 Häuser mit 76 Wohneinheiten. Dort soll ein Sportplatz neu bebaut und die daran entlangführende Rosa- Luxemburg-Allee wieder freigelegt werden.

„Die Bausubstanz in der Kirschsteinsiedlung ist gut“, betont Theo Kammerer von der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) Brandenburg, die die Planungen für das Gebiet macht. Nur die Dächer seien ein Problem. Durch Vandalismus seien ebenfalls Schäden entstanden. In der Eulenspiegelsiedlung könnten hingegen nur 30 Prozent der vorhandenen Bausubstanz genutzt werden.

Durch ein sogenanntes Grundstücksvergabeverfahren sollen Investoren ihre Entwürfe für die rund 100 vorhandenen Wohnungen in den drei Siedlungen vorlegen. Noch in diesem Jahr sollen die Wohnungen vergeben werden, damit 1994 mit den Bauvorhaben begonnen werden kann. „Die Resonanz ist gut“, meint Kammerer. Investoren aus England, Frankreich und auch mittelständische Unternehmen aus der Region seien an dem Projekt interessiert.

Der Landkreis Nauen beauftragte die LEG, ein regionales Entwicklungskonzept auszuarbeiten. Damit ist sie seit Mai 1992 beschäftigt und legte als erstes eine Studie über die Bausubstanz und die Erschließungssituation des Gebietes vor. Die Kirschstein-, Eulenspiegel- und Scharnhorstsiedlung bieten für rund 6.000 Wohnungen Platz. Dazu sind 7.000 in dem ehemaligen Olympischen Dorf geplant. Die Gemeinde Elstal läßt zur Zeit durch ihre Wohnungsbaugesellschaft zwei Häuser in dem Olympischen Dorf instand setzen. Dort sollen insgesamt 68 Wohneinheiten entstehen.

Das Dorf, in dem zu den Olympischen Spielen 1936 — deren Eröffnung sich am vergangenen Sonntag zum 57. Mal jährte — die Sportler untergebracht waren, steht unter vorläufigem Denkmalschutz. Doch auch diese Gebäude sind noch in desolatem Zustand, die Fensterscheiben in der im Oval gebauten Anlage sind zertrümmert. Innen verblieben ein paar Sportgeräte, schmale Pritschen und Blümchentapeten.

Gleich an das Olympische Dorf grenzen Plattenbauten mit rund 600 Wohnungen an. Laut LEG muß dort kurzfristig etwas geschehen. Ein Investor aus Nordrhein- Westfalen will diese Gebäude erwerben, allerdings muß es noch von den zuständigen Bundes- und Landesbehörden geprüft werden.

Auch die Finanzierung für das gesamte Projekt ist noch nicht geklärt, es wird sich aber um Milliardenbeträge handeln, die bei der Sanierung anfallen. Die LEG will eine Machbarkeitsstudie im kommenden Oktober vorlegen. Dabei fallen Entwicklungskosten an wie beispielsweise die Herrichtung der Grundstücke, Einrichtungen zur technischen Ver- und Entsorgung oder Altlastenbeseitigung. Letztere stellt ein Problem dar, das erst im September durch sogenannte Altlastenschätzungen gelöst werden soll.

Südlich des über 200 Hektar umfassenden Areals liegt die Döberitzer Heide. Schon vor 200 Jahren war sie Truppenübungsplatz für die Friedrichschen Soldaten und somit für Zivilisten gesperrt. Im Laufe der Jahre konnten sich dort ungestört Pflanzen oder Vogelarten wie der Wendehals und Wiedehopf ansiedeln, die in Deutschland sonst fast ganz ausgerottet sind. Jetzt soll das rund 4.000 Hektar große Gelände als Naherholungsgebiet für gestreßte Berliner genutzt werden. Susanne Landwehr