Der Tod beim Laufen

Forscher kamen den rätselhaften Todesfällen von Orientierungsläufern auf die Schliche  ■ Von Reinhard Wolff

Stockholm (taz) – Das Geheimnis der mysteriösen Todesfälle, denen binnen kurzer Zeit sieben und seit 1979 insgesamt fünfzehn schwedische Orientierungssportler zum Opfer fielen, scheint gelöst. Alle, die bei oder nach Orientierungsläufen plötzlich tot zusammengebrochen waren, waren männlich, unter dreißig Jahre alt und Leistungssportler.

Da bei mehreren eine Herzmuskelentzündung diagnostiziert worden war, wurde zunächst ein Bakterium namens „Twar“ verdächtigt. Wie sich nach einjährigen systematischen Untersuchungen an einem Forschungszentrum in Uppsala herausstellte, ist für den plötzlichen Tod im Wald ein bislang unbekannter, dem Bakterium „Twar“ aber ähnlicher Mikroorganismus verantwortlich.

ForscherInnen arbeiten derzeit an der vollständigen Entschlüsselung der Genstrukturen aufgrund von DNA-Analysen und hoffen, bis zum Herbst das endgültige Resultat und auch ein geeignetes Antibiotikum zur Bekämpfung präsentieren zu können.

Nach den bisherigen Erkenntnissen schlägt der Mikroorganismus tödlich zu, wenn ein Sportler Leistungssport betreibt, obwohl sein Körper durch Krankheit geschwächt ist.

Daß die Todesserie zuerst bei Orientierungssportlern aufgefallen war, hält der Chefarzt des schwedischen Orientierungsverbands, Christer Johannson, für Zufall: Diese seien offenbar ärztlich weniger überwacht und würden möglicherweise auch zu wenig Rücksicht auf Warnsignale ihres geschwächten Körpers nehmen. Vermutlich seien auch andere plötzliche Todesfälle von LeistungssportlerInnen auf den fraglichen Mikroorganismus, der, ähnlich „Twar“, eine Herzmuskelentzündung auslöst, zurückzuführen.

Nach wie vor nicht ganz auszuschließen ist aber, daß auch besondere „waldspezifische“ Faktoren eine zusätzliche Rolle spielen. In den letzten Monaten wurden alle möglichen Tiere und Insekten – von Zecken bis zu Elchen – als Infektionsherd verdächtigt. Auch möglichen Spätwirkungen von Tschernobyl war man nachgegangen. Die (vorläufig) letzte Hypothese: Alle, die als Wehrpflichtige mit einer bestimmten Munition in Kontakt gekommen waren, könnten sich infiziert haben.

Der schwedische Orientierungssportverband hat zwischenzeitlich das absolute Trainings- und Wettkampfverbot aufgehoben und eine verschärfte ärztliche Kontrolle eingeführt. Verschiedenen mit dem Mikroorganismus infizierten Sportlern wurde das Training untersagt.