„Nicht kulinarisch“

■ Gastdirigenten für Philharmoniker ohne General

Alpenglühen an der Weser! Ja: Ein wahres Berg-Panorama wird aufziehen, samt Kuhglockengeläut und schluchzenden Gebirgswinden. Bringen wird's uns Peter Schneider, ehemaliger Generalmusik-Direktor Bremens, der aus München mit Richard Straußens „Alpensymphonie“ zurückkehrt. Im Oktober führt er das Prachtstück in der „Glocke“ auf — als einer von zwölf Gast-Dirigenten, die den Betrieb in der kommenden Saison lenken sollen: Ein neuer Gerneralmusikdirektor nämlich, nach Ausscheiden Marcello Viottis, kommt frühestens in der Saison 94/95.

Schneiders exotisch anmutendes Mitbringsel ist eines von vielen außergewöhnlichen Werken, das die Bremer in der kommenden Saison erleben können. Die Philharmonische Gesellschaft hat aus der Not, ganz ohne die Dirigate eines GMD auskommen zu müssen, eine Tugend gemacht: Viele Erstaufführungen, auch Zeitgenossen, sollen die Konzert-Saison prägen. Ein „englischer Abend“ mit selten bis noch nie aufgeführten Werken des 19. und 20. Jahrhunderts ist im März zu erleben, unter dem Dirigat von Sir Peter Maxwell Davies; die aus Mitteln der Gesellschaft restaurierte große Konzertorgel in der Glocke wird im November bei der Orgel-Symphonie von Saint- Saens zu hören sein (Dirigent: Paul Capolongo). Man habe das Programm, auch trotz der wachsenden Konkurrenz in der eigenen Stadt, nicht „kulinarisch ausrichten“ wollen, heißt es bei der Gesellschaft.

Die Gast-Dirigate bieten nebenbei auch die Gelegenheit, einige der möglichen Nachfolger Viottis schon mal live zu erleben. Im Gespräch sind nach Auskunft von Edzard Dettmers, dem Vorsitzenden des Gesellschaft, u.a. Capolongo und Samuel Friedman; letzterer bringt uns im Februar einen Abend mit Musik vorwiegend slawischer Komponisten.

Fast wäre die GMD-Besetzung auch schon perfekt gewesen, zumindest hatten die Gesellschaft und die Kultursenatorin eine enge Auswahl getroffen — da wurde auch noch die Stelle des Theater-Intendanten vakant. „Und ein neuer GMD will natürlich wissen, mit welchem Intendanten er hier zusammenarbeitet“, sagt Dettmers. Bis am Theater nicht wieder alles klar ist, bleibt so auch die GMD- Stelle unbesetzt. tom