Ein Fisch namens Franzi

Von Evolution und High-Tech: Van Almsick schwamm bei der EM zweimal auf güldener Bahn  ■ Von Cornelia Heim

Berlin (taz) – Es gibt Spötter, die behaupten, Schwimmer wollten die Evolutionsgeschichte ad absurdum führen. Was als größter Fortschritt in der Entwicklung der Menschheit gefeiert wurde, das Verlassen des Wassers, werde von Leistungsschwimmern schändlich mißachtet. Mehr noch, sie täten alles, um das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Wer acht Stunden täglich ins Wasser gehe, der werde wohl sein Spiegelbild gewissenhaft befragen, ob Schwimmflossen bereits zu sprießen beginnen.

Bei Franziska van Almsick ist dem nicht so. Doch die 15jährige Berlinerin hätte in europäischen Gewässern unzweifelhaft das größte Geschick, sich über Wasser zu halten. Einen Fisch namens Franzi schickte der Deutsche Schwimm-Verband zu den Europameisterschaften nach Sheffield, damit er/sie sieben Medaillen, vorzugsweise güldene, abholen sollte. Zwei davon hat Wasserratte Franziska van Almsick bereits erwartungsgemäß in Empfang genommen. Eine gemeinsam mit Kerstin Kielgaß, Simone Osygus und Dagmar Hase in der 4 x 200-m-Freistilstaffel (8:03,12 Minuten), die andere über 100 Meter Freistil sogar mit Europarekord (54,57 Sekunden). Wobei sie die sieben Jahre alte Marke von Kristin Otto, der Fernsehkommentatorin mit der tiefen Stimme, um 16 Hundertstel unterbot. Keiner scheint das nasse Element so zu liegen wie dem Medienstar, der dem Bundeskanzler, der das schwimmende Fräuleinwunder nicht erkannte, bescheinigte, er sei ja wohl schwer von Begriff. Sie könne das Wasser so gut „fühlen“, beschreibt Trainer Dieter Lindemann das Talent der kessen Göre, die mittlerweile auch im Geld schwimmt. Binnen eines Jahres ist sie zur Millionärin geworden. Wie einst Jung-Boris einen Boom auf dem Sandplatz auslöste, scheint Klein-Franzi dem Schwimmsport zu (Schwimm-)Flügeln zu verhelfen. Unternehmen böten „hohe sechsstellige Summen“, verriet van Almsicks Manager Werner Köster, für ein paar Quadratzentimeter Badeanzug. Und an diesem tüftelt die High-Tech-Intelligenz, ganz wie an einem vierrädrigen Sport-Flitzer, der Aerodynamik wegen. „Swim High Tech 96“ heißt die zweite Haut, die eigens im Hamburger Strömungskanal getestet wurde, 49 Gramm wiege und Luftblasen zwischen Körper und Anzug verhindern solle. Selbiger hat nur einen Nachteil: In Sheffield blieb er in der Kabine hängen. Franziska van Almsick: „Das ist ein Body, wenn der auf dem Startblock aufgeht, ist man ein bißchen schlecht dran.“