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■ Das PortraitTakako Doi

Der sozialdemokratische Parteichef Sadao Yamahana hatte nach einem vierstündigen Gespräch, bei dem die Kandidatin schon zum wiederholten Male sein Angebot ausschlug, alles auf eine Karte gesetzt: „Ohne Ihre Zusammenarbeit verlasse ich Politik und Partei“, drohte Yamahana. Dann endlich lenkte Takako Doi ein. Sie hatte sich gegen eine Alibi- Funktion für Japans populärste Politikerin gewehrt, wollte den Männern der neuen Regierung nicht als Aushängeschild dienen. Doch was blieb ihr im Dienste der Frauensache schließlich anderes übrig?

Heute wird die 64jährige Professorin für Verfassungsrecht, die von 1986 bis 1991 bereits Vorsitzende der Sozialdemokraten war, von den Abgeordneten der neuen Regierungskoalition zur Parlamentspräsidentin gewählt, dem zweithöchsten politischen Amt im Land. Nie zuvor hat eine Frau in Japan einen höheren Rang bekleidet.

Japans neue Parlamentspräsidentin Foto: Reuter

Dabei gelang Doi ein dieser Tage seltenes Kunststück. Statt sich wie ihre Parteiführung in den neuen konservativen Wind zu drehen, blieb die linke Verfassungsverfechterin, Frauenrechtlerin und Anti-AKW-Aktivistin standfest und verlor doch nicht ihren Rückhalt. Überraschend kam es deshalb nicht, daß sich Doi in den letzten Tagen zur heftigsten Kritikerin ihrer eigenen Partei und der neuen Regierungskoalition mauserte. Sie warf den Sozialdemokraten vor, als größte Partei in der Koalition nicht die Initiative ergriffen zu haben, und riet ihr, ihre von der Koalitionsvereinbarung abweichenden Grundsatzpositionen nicht zu verstecken. An der Basis und bei Bürgerinitiativen war sie damit die einzige im Tohuwabohu des Regierungswechsel, die überhaupt noch verstanden wurde. Um so unersetzlicher erschien sie nun der kompromittierten Parteiführung. Wenn der neuen Regierung noch ein Schimmer sozialdemokratischen Glanzes anhaften sollte, dann konnte das nur mit Doi klappen. Mit ihren auffallend bunten Kleidern wird sie nun vom höchsten Stuhl des Plenarsaals zumindest den Fernsehbildern aus dem Parlament ihren Stempel aufdrücken. Gibt es Wichtigeres?

Für Doi schon: Gestern kündigte sie die Einrichtung eines parlamentarischen Ausschusses für die Entschädigung koreanischer Kriegsopfer an. Eine Dame wie Doi bleibt eben auch ganz oben unbequem. Georg Blume

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