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Der neue Rubel beginnt zu rollen

■ Privatbanken des „Club of London“ stunden Rußland Schuldenrückzahlungen

Moskau (AP) – Die Banken wollen Boris Jelzin noch etwas Zeit lassen. Nachdem sich Rußlands Präsident mit seinen im Pariser Club zusammengeschlossenen staatlichen Gläubigern einigen konnte, hat die Moskauer Regierung jetzt auch mit den privaten Geschäftsbanken eine Streckung der Schuldentilgung vereinbart. Der stellvertretende Finanzminister Andrej Wawilow teilte am Dienstag in Moskau mit, ein Konsortium von rund 600 Banken, der sogenannte „Londoner Club“, habe eingewilligt, daß sein Land in diesem Jahr lediglich 500 Millionen Dollar der ausstehenden Gesamtverbindlichkeiten überweisen werde. Rußland steht bei den privaten Banken mit insgesamt 24 Milliarden Dollar in der Kreide.

Das Konsortium hatte zunächst die Rückzahlung einer Summe von 1,5 Milliarden Dollar verlangt. Der Einigung sei dann „eine genaue Prüfung der volkswirtschaftlichen Lage Rußlands vorausgegangen“, sagte Wawilow.

Der Staat der Sowjetunion hat seinen Nachfolgerpubliken insgesamt Verbindlichkeiten von schätzungsweise 80 Milliarden Dollar hinterlassen. Von den für 1992/93 fälligen Zahlungen werden jetzt lediglich acht Prozent geleistet. Die Moskauer Regierung macht geltend, daß ein vertragsgemäßer Schuldendienst zum Zusammenbruch der russischen Volkswirtschaft führen würde. Zur Behebung der Zahlungsschwierigkeiten bemüht sich Rußland um Finanzhilfen des Internationalen Währungsfonds (IWF).

Auf dem Binnenmarkt kursieren inzwischen die neuen Rubelscheine, die Bevölkerung scheint das Umtauschgeld nach anfänglichen Unruhen zu akzeptieren. Die russische Zentralbank hat bis gestern drei Viertel der für ungültig erklärten alten Rubel-Banknoten aus dem Verkehr gezogen. Nach einer Meldung der Moskauer Nachrichtenagentur ITAR-TASS wurden Scheine im Nennbetrag von über 720 Milliarden Rubel gegen neue Scheine ausgetauscht. Insgesamt waren mehr als eine Billion Rubel-Banknoten im Umlauf, die 1992 oder früher ausgegeben wurden. Dies entspricht nach Angaben der russischen Zentralbank vom Dienstag einem Anteil von 18 Prozent am gesamten Geldumlauf. Von dem eingetauschten Geld wurden 332 Milliarden Rubel in bar ausgegeben – jeder Bürger und jede Bürgerin kann maximal 100.000 Rubel auf diese Weise eintauschen. Die größere Hälfte des Gesamtbetrags wurde auf Festkonten der staatlichen Sparkasse angelegt. Die am 26. Juli begonnene Umtauschaktion dauert noch bis Ende August.

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