Fünf Frauen gegen einen Mann

■ BVG-Mitarbeiter wehrt sich vor Gericht gegen den Vorwurf sexueller Belästigung / Kolleginnen sprechen gegen ihn

Zum sechsten Mal innerhalb von zwei Jahren hat die BVG einem Mitarbeiter, der Kolleginnen sexuell belästigt haben soll, gekündigt. Gestern vormittag beteuerte der stellvertretende Abteilungsleiter des U-Bahn-Bereichs in der Hauptverwaltung Kleiststraße vor dem Arbeitsgericht seine Unschuld, gegen die die Aussagen von immerhin fünf Frauen stehen. Einen bereits vereinbarten Vergleich in Form einer Abfindung von 15.000 Mark hatte er widerrufen und war erneut vor Gericht gezogen. Bei der gestrigen Verhandlung wollte sich Klaus K., nicht etwa Angeklagter, sondern Kläger in dem Verfahren, auch mit den vom Richter vorgeschlagenen vier Monatsgehältern – etwa 20.000 Mark – als Abfindung nicht zufriedengeben. Am 5. November wird der Prozeß fortgesetzt.

Über ihren Schreibtisch gebeugt, will die junge Mitarbeiterin, die Klaus K. als „Frau X“ bezeichnet, von ihrem Abteilungsleiter von hinten angegangen worden sein. „Als sie den Stecker für die Schreibmaschine aus der Wand ziehen wollte, soll er sich hinter sie gestellt und sein Glied gegen ihren Po gedrückt haben“, berichtet die Frauenvertreterin der BVG, Anne Kirchner. Als die Mitarbeiterin dies abends ihrem Freund erzählt habe, sei dieser durchgedreht und am nächsten Tag bei der BVG erschienen, um den lüsternen Chef seiner Freundin zusammenzuschlagen. Als er dummerweise den Falschen erwischte, sei die Geschichte ans Tageslicht gekommen, erzählt Kirchner weiter. Danach hätten sich weitere Frauen gemeldet, denen Klaus S. in den vergangenen Jahren angeblich an die Wäsche wollte.

Klaus K. will jedoch von der Sache nichts wissen. Er erstattete Anzeige gegen seine Kollegin wegen falscher Anschuldigung, lieferte ungefragt Stellungnahmen an die Untersuchungskommission. „Dieser Mensch hat einfach kein Unrechtsbewußtsein“, so Kirchner. Zur völligen Verwunderung der anwesenden Frauen sowie des Richters verweigerte er auch gestern einen Kompromiß. „Es wird viel schmutzige Wäsche gewaschen werden, wenn sie sich auf den Prozeß einlassen“, warnte ihn Richter Scheffler. „Sie wissen hoffentlich, daß einer diesen Prozeß verlieren muß.“ Für den 52jährigen steht das Angebot, sich auf „lächerliche“ 20.000 Mark einzulassen, nicht zur Debatte. Zwar hat er wieder einen neuen Arbeitgeber gefunden; auf die ihm entgehenden Rentenansprüche als gutbezahlter BVG-Mitarbeiter will er dennoch nicht verzichten. Der taz gegenüber erklärte er seinen unerschütterlichen Optimismus, den fünffachen Vorwurf sexueller Belästigung widerlegen zu können, mit den Worten: „Ich bin vielleicht ein ganz dummer Bundesbürger, der glaubt, daß, wer recht hat, auch recht bekommt.“ Wie diese Frauen dazu kämen, ihn anzuklagen, könne er sich nur mit übler Nachrede und Verschwörung erklären.

Seine Unschuld muß Klaus K. nun nicht nur dem Arbeits-, sondern auch dem Strafrichter glaubhaft machen. Den Frauen werden weitere Vernehmungen nicht erspart bleiben. jgo