Geteilte Faszination

Natürlich fällt es einem Rom schwer, über André Hellers „Magneten“ zu schreiben, zumal wenn die Rede von internationalen Zigeunerkünstlern ist. Doch das ist nicht der Anlaß des Unmuts. Ignorant ist das Szenario. Denn was ist davon zu halten, Künstler und Artisten zu kolportieren, die beliebte Romantik hochleben zu lassen und gleichzeitig unsere Angehörigen mit Füßen zu treten, ihnen ihre Daseinsberechtigung hier schlicht abzusprechen? Die Heuchelei schreit gen Himmel.

Mein Protest ist in diesem Fall konkret an die Stadt Frankfurt am Main gerichtet, Eignerin des Musentempels Alte Oper und Ausrichter der Veranstaltung „Magneten“. Und ich vermute ganz stark, daß andere Städte, in denen das Ensemble gastiert, einer ähnlich gewollten Deformation unterliegen. Es dabei bewenden zu lassen hieße, den Künstlern unrecht zu tun. Was gezeigt wurde, war faszinierend, gleich ob es die Musik, die Mimik, die Gestik, der Gesang, ob es der Tanz, die ganze Ausdruckskraft, das musische Repertoire der Roma aus den verschiedensten Ländern und Kulturen war.

Ich bin deutscher Rom. Trotzdem war mir nichts fremd. Das liegt gewiß nicht allein an der gemeinsamen Sprache, denn die ist im Laufe der Zeit durch die verschiedensten Dialekte und Einflüsse sehr stark geprägt worden. Für Außenstehende möglicherweise schwer zu verstehen, aber der Schwermut der russischen Seele stand dem Temperament der spanischen Gitanos nicht im Wege. Die Leichtigkeit der indischen Romnie vervollständigte den getragenen Gesang der mazedonischen Roma, und die Klarheit der albanischen Stimmen setzte Akzente. Sie harmonisierte mit den Darbietungen der ägyptischen Roma. Ähnlichkeiten und Unterschiede verkamen nicht zum Einheitsbrei.

Sicherlich war es ungewohnt, daß alle Interpreten nach ihrem Auftritt auf der Bühne blieben. Das widersetzt sich zwar dem gängigen Muster des Einzelkünstlers, tat jedoch der individuellen Virtuosität der Roma keinen Abbruch. Hier zeigte sich eine Geste, die uns so unendlich wichtig ist: Man macht nicht alleine Musik für das Publikum oder für den Kommerz, sondern man demonstriert seine Kunst auch für sich und seinesgleichen. Dem entspricht der Dank und die Ehre gegenüber den anderen Roma, umgesetzt durch die Anwesenheit auf dem Podium.

Ohne falsche Sentimentalitäten: ein unvergessener Abend. So die schlichte Kritik eines beeindruckten Rom, der weiß, daß im Zweifelsfalle die überwiegende Mehrheit, die Gadjes, es ja immer besser wissen, wie wir eigentlich zu sein oder nicht zu sein haben.Harald Heller, Roma-Union

Frankfurt am Main (weder

verwandt noch verschwägert

mit dem Organisator)