Rechtswidrige Abschiebung in Hamburg?

■ Auf dem Hamburger Flughafen fehlen noch alle Voraussetzungen zur Umsetzung des neuen Asylrechtes / Ignoriert der Bundesgrenzschutz deshalb Asylbegehren?

Berlin (taz) – Anders als auf dem Frankfurter Flughafen weiß man in Hamburg offensichtlich nicht, wie mit Flüchtlingen umzugehen ist, die einen Anspruch auf das „verkürzte Flughafenverfahren“ haben. Während Frankfurt über ein „exterritoriales“ Gebäude des Bundesgrenzschutzes sowie einen Sozialdienst verfügt, der sich um die Flüchtlinge kümmert, ihnen vor allem Adressen von Anwälten vermittelt, gibt es in Hamburg rein gar nichts. Container zur vorläufigen Unterbringung sind zwar bestellt und sollen Mitte August angeliefert werden, Unterstützung von karitativer Seite ist aber noch nicht einmal in Aussicht genommen worden. Sollte also in Hamburg ein Flüchtling aus einem sicheren Herkunftsland einfliegen, käme er momentan – entgegen dem geltenden Recht – noch in das „normale“ Asylverfahren, würde also gegenüber den Flüchtlingen, die in Frankfurt landen, bevorzugt. Das gleiche gilt für Flüchtlinge, die keine gültigen Ausweispapiere vorweisen können.

Vielleicht um diese Bevorzugung zu verhindern, sollen Hamburger BGS-Beamten am Donnerstag den 29. Juli zwei afghanische Familien zurückgewiesen haben. Die BGS-Begründung freilich lautet anders. Keiner der Afghanen hätte einen Antrag auf Asyl gestellt. Deswegen und weil deren Visa verfälscht gewesen seien, hätte man sie – juristisch korrekt – mit der nächsten Maschine in den Iran „zurückgewiesen“, erklärt Holger Altenscheid, stellvertretender BGS-Dienststellenleiter.

Nach der Gegenvariante der Angehörigen hätten die Afghaner hierbleiben dürfen. Nach der „Zeugenaussage“ eines Familienmitglieds der Flüchtlinge hatten alle um Asyl gebeten. „Ich übersetzte den Polizisten mehrmals, daß die Familien (...) Asyl beantragen wollen. Die Polizisten sagten, was sie hier wollten, in Afghanistan sei kein Krieg.“

Auch eine andere Vorgehensweise des Hamburger BGS stößt mittlerweile auf Kritik. Die Beamten gehen zum Teil unmittelbar ins Flugzeug und checken bereits dort die Papiere und die Anliegen der Flüchtlinge. Das ist zwar nicht verboten, jedoch müsse den Ankommenden die Chance gegeben werden, ihr Asylbegehren vorbringen zu können. Christoph Bierwirth, Rechtsberater beim UNHCR in Bonn: „Das Völkerrecht gebietet, daß ein Schutzbegehren effektiv angebracht werden kann.“

Unmittelbar nach ihrer Landung in Teheran sind beide Familien „interniert“ worden, sagt Christoph Bierwirth. Seit vorgestern abend werden zwar nur noch die beiden Familienoberhäupter festgehalten, auch sei zugesagt worden, daß „im Moment eine unmittelbare Deportation“ nicht bevorstünde, dennoch sei die Situation der Flüchtlinge nicht wirklich gesichert.

Bislang wäre der Iran mit afghanischen Flüchtlingen zwar sehr großzügig umgegangen, dennoch wäre die Situation im Moment eher unsicher. Julia Albrecht