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Das Columbus-Center vergessen

■ Bremerhavener Ideenwettbewerb: Neugestaltung des Geländes um die ältesten Hafenbecken der Stadt

Das Columbus-Center vergessen

Bremerhavener Ideenwettbewerb: Neugestaltung des Geländes um die ältesten Hafenbecken der Stadt

Daß Bremerhaven am Wasser liegt, sieht man nur von oben. In den 70er Jahren wurden mit dem Bau der Hochhausblöcke des Columbus-Centers und der sechspurigen Columbusstraße mächtige Barrieren zwischen die Stadt und den Fluß gelegt. Zwischen Stadtkante und Weserdeich liegen die beiden ältesten Hafenbecken, Alter und Neuer Hafen, heute beide wirtschaftlich bedeutungslos. Im Süden werden sie von Museumsschiffen geziert; das nördliche Hafenbecken rahmt ein provisorisches Parkplatzgelände ein.

Vor zwei Jahren beschlossen die Stadtverordneten, für dieses „Herzstück der Stadtentwicklung“ einen Ideenwettbewerb auszuschreiben. Die Gewoba, der vom Magistrat beauftragte Sanierungsträger, verzichtete weitgehend auf genau Planungsvorgaben. Am Wochenende haben die vier nach Bremerhaven geladenen Architekten ihre Ideen vorgestellt.

Cedric Prize, Londoner Spezialist für die Uferentwicklung innenstadtnaher Brachen, schlägt eine 500 Meter lange Großanlage vor, die wie eine Tribüne die ansteigende Deichlinie fortsetzt. Von ihr aus könnten die TouristInnen auf Wasser, Landschaft und Schiffe gucken. Hinter dem Deich sollen maritime Forschungs-oder Arbeitsstätten angesiedelt werden, die von außen für die Stadt-Flaneure einsehbar sind.

Der Bremer Architekt Thomas Klumpp will die Stadtkante vom Vorland sauber abgrenzen und einen großen zentralen Veranstaltungsplatz schaffen. Am Nordende des Geländes soll ein sechsgeschossiger Hotelkomplex entstehen. Die breite Columbusstraße würde Klumpp verkleinern, auf das frei gewordene Gelände dem kastenartigen Hochaus-Center eine niedrige Häuserzeile vorsetzen.

Der spanische Architekt Enric Miralles aus Barcelona, der in Spanien Platzanlagen, Schulen, Sport-und Bürgerzentren entworfen hat, begreift seinen Entwurf als offene Ideenskizze. Die Weiterentwicklung der Stadt leitet er aus der sie umgebenden Flußlandschaft der Geesteschleife ab. „Das Charakteristische für diesen Ort ist die Geeste. Die Weser ist schon das Meer.“ Gegen das Schachbrett- Raster des historischen Stadtkerns will Miralles bewegte Linien schaffen. Schmale Fußgängerstege sollen in sieben Meter Höhe zwischen der Takelage der Museumsschiffe hindurch von der Stadt zum Deich führen. „Das Wichtigste“, sagt Miralles, „man kann sich bewegen und das Columbus-Center auf dem Weg Richtung Wasser vergessen.“ Vor das CC und über die zurückgebaute Straße legt er eine Aussichts-Plattform, die über das Hafenbecken reicht. Auf dem Freigelände hinter dem Deich könnten unteriridische Gebäude entstehen, die wie Erdwälle aus dem Boden drängen. Der junge Architekt sieht seine Vorschläge als Spiel mit Variationen, die erst im Lauf der Diskussionen zu konkretisieren wären.

Ein fertiges, ganz auf Tourismus und Freizeit ausgerichtetes Konzept stellte dagegen das Stuttgarter Architekturbüro Behnisch und Partner vor, das die Sportbauten im Olympiapark München entworfen hat. Die alten Hafenbecken werden nach diesem Konzept großzügig erweitert, das Deichgelände wird zur Auenlandschaft, die Querstraßen der City sollen mit Fußgängerbrücken über dem neuen Wasser zur Weser hin verlängert werden, am Columbus-Center entsteht eine Promenade. An der Schnittstelle zwischen Altem und Neuem Hafen wird ein kreisrunder „Hafenplatz“ angelegt, ein mehrstöckiges Gebilde, das im Inneren als Parkhaus und auf der Freifläche als Veranstaltungsgelände dienen könnte.

Die Jury entschied überraschend. Unter dem Vorsitz des Berliner Architekten Axel Schultes (Entwurf Potsdamer Platz und Regierungsviertel Berlin) verzichteten die zwölf Preisrichter auf ein eindeutiges Votum für einen der vorgelegten Entwürfe. Mit neun zu drei Stimmen entschieden sie sich für Enric Miralles als den Architekten, mit dem die Stadt künftig weiterarbeiten solle. Seine Ideen und Sensibilität seien die beste Voraussetzung für „diese langwierige Entwicklungsuafgabe“. Hans Happel

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