„Das ist eine Irreführung der Bevölkerung“

■ Kaufleute und Ortsamtsleiter sauer: Baubehörde verschleppt Beruhigung des O'weges

Wütende Vorwürfe gegen die Baubehörde haben gestern Hucky Heck, Ortsamtsleiter im „Viertel“, und Norbert Caesar von der Interessengemeinschaft Ostertorscher Kaufleute erhoben: Die Verkehrsberuhigung des Straßenzugs 'Vor dem Steintor' und des Ostertorsteinwegs werde verschleppt, das ganze Projekt stünde auf dem Spiel. Heck warf der Behörde „fortgesetzten Wortbruch in Tateinheit mit massiver Irreführung der Bevölkerung“ vor.

Verärgert über die Verzögerungen sind Heck und die Kaufleute schon länger, das Faß zum Überlaufen brachte der „abschließende Informationsaustausch“ mit der Behörde am Montagabend: Die Baubehörde hat den Baubeginn erneut um ein halbes Jahr verschoben, nämlich vom Herbst auf das nächste Frühjahr (Bauende: Herbst '95) und außerdem immer noch keinen Zeitplan für die einzelnen Bauarbeiten vorgelegt.

Die Baubehörde habe keines ihrer Terminversprechen eingehalten, so der Vorwurf — dabei habe bereits die Koalitionsvereinbarung den Baubeginn für 1992 festgesetzt.

Gebrochen habe beispielsweise Staatsrat Lüthge sein Versprechen, die Einwendungen gegen die Verkehrsberuhigung bis März abzuarbeiten — bislang ist kein einziger Bescheid rausgegangen. Im Mai habe Bausenatorin Eva-Maria Lemke-Schulte die Umwidmung der Viertel-Hauptstraße zur teilweise beruhigten Straße noch vor der Sommerpause versprochen — nichts passierte bis heute.

Auf die Pauke haute gestern nicht nur Hucky Heck, sondern auch Kaufmann Norbert Caesar — der allerdings weniger wütend als vielmehr ratlos und verbittert: Er wirft der Behörde „mangelnde Fähigkeit und Desinteresse“ vor. „Es gibt in der Behörde erhebliche Teile, die ihre Arbeit nicht enrstnehmen. Ich befürchte, daß die Behörde eine Vekehrsberuhigung dieser Komplexität nicht in der Lage ist umzusetzen.“ Caesar setzte dem Bauressort ein Ultimatum: den lange versprochenen Zeitplan für die einzelnen Baumaßnahmen innerhalb von zwei Wochen vorzulegen. Die Kaufleute müßten doch jetzt ihre Kampagnen planen, mit denen sie die KundInnen trotz Baustellen herlocken wollen. Soll heißen: Die Kaufleute spielen nicht mit, wenn sie keinen Zeitplan haben.

Ob die Behörde nicht will oder nicht kann, traut sich Caesar nicht zu sagen. Dafür Heck: Das SPD-Ressort, namentlich Staatsrat Lüthge, wolle im Viertel, also da, wo die Grünen ihre Basis haben, für unkoordinierte Großbaustellen sorgen. Und gleichzeitig die Großbaustelle bis ins Wahljahr hinein verzögern. Diesen Verdacht wird er nicht mehr los, seit er von Juristen bestätigt bekommen hat, daß das langwierige Teilentwidmungsverfahren, auf dem Lüthge beharrt, gar nicht notwendig gewesen wäre. Heck: „Der Lüthge will grünen Erfolgen einen Riegel vorschieben.“

Bausenatorin Lemke-Schulte läßt diese Vorwürfe nicht auf sich sitzen: „Das ist unerhört, daß er mir unterstellt, wir wollten den fußgängerähnlichen Ausbau der Straße nicht.“ Und das wegen drei, vier Wochen Verspätung! Sie wirft Heck eine „Profilneurose“ vor. Das bringt Heck wiederum zur Weißglut. „Ich frage, warum nicht 1992 mit dem Bau begonnen worden ist, wie es in der Koalitionsvereinbarung steht, was ja schließlich ein Regierungsprogramm ist, und dann erzählt die mir, ich hätte eine Profilneurose!“ cis