Der Ostsee-Dorsch kann wieder durchatmen - vorläufig

■ Weil sich die Wasserqualität der Ostsee verbessert hat, sind die Überlebenschancen für den Dorsch-Nachwuchs gestiegen

Gute Nachricht für den Ostsee-Dorsch: Weil sich die Ostsee qualitativ wesentlich verbessert hat, ist nach Meinung von Fischerei-Wissenschaftlern mit einer deutlichen Zunahme der Bestände zu rechnen. Der Salz- und Sauerstoffgehalt in den Tiefseebecken der Ostsee hat nach 16jähriger Flaute kräftig zugenommen – Grundvoraussetzung für die Entwicklung des Dorsch-Nachwuchses. Und jetzt die schlechte: Noch für 1994 ist eine Erhöhung der Fangquote vorgesehen.

Seit 1984 haben die dramatisch gesunkenen Dorschbestände – von 900.000 (1984) auf 95.000 (1992) – die Quote von fast einer halben Million auf 40.000 Tonnen im Jahr 1993 purzeln lassen. Der Internationale Rat für Meeresforschung in Kopenhagen will der Warschauer „Quotenkommission“ im September eine um bis zu 10.000 Tonnen erhöhte Quote vorschlagen, berichtet Peter Ernst vom Rostocker Bundesforschungs-Institut für Ostseefischerei und Mitglied der „Grundfisch-Arbeitsgemeinschaft Ostsee“ des Kopenhagener Rates.

Eine große Fischpopulation ist für eine Bestandsauffrischung nicht notwendig. Der Dorsch (auch als Kabeljau geführt und geschätzt) laicht wie die meisten anderen Fische mehrere Millionen Eier ab. „Wichtig sind vielmehr Sauerstoff- und Salzgehalt sowie die vorhandene Zahl von Eier- und Jungfischräubern“, erläutert Meereschemiker Hans Peter Hansen vom Kieler Institut für Meereskunde. Die Wasserqualität ist nach den Winterstürmen und dem Einströmen von 320 Milliarden Kubikmetern „Frischwasser“ aus der Nordsee gestiegen. Die Zahl der Bruträuber, zu denen der Dorsch selbst zählt, ist nicht besonders hoch – alles günstige Voraussetzungen.

Doch ob die Bestände langfristig wachsen, ist nicht zuletzt eine Frage neuerlicher Frischwasserströme in die Ostsee. „Wenn wieder 16 Jahre bis zu einem größeren Durchspülen der Tiefseebecken vergehen, könnte der Salz- und Sauerstoffzustrom nur für ein oder zwei Jahre Besserung bewirken“, gibt Meereschemiker Hansen zu bedenken.

Wolfgang Dahlmann/dpa