"Ein Mann ist ein Mann"

■ Sechs Monate Haft für versuchten sexuellen Mißbrauch im Suff

„Ein Mann ist ein Mann“

Sechs Monate Haft für versuchten sexuellen Mißbrauch im Suff

Waldemar W. ist sich keines besonderen Unrechts bewußt. Schließlich sei doch „ein Mann ein Mann und ein Leben ein Leben“. Er habe seine „Sache“ weiter gemacht und plötzlich habe dann die Frau um Hilfe geschrieen und ihm das Gesicht zerkratzt. Am Mittwoch wurde der 45jährige, der 1988 von Kasachstan in die BRD übersiedelte von der Strafkammer des Bremer Amtsgericht wegen „versuchten sexuellen Mißbrauchs Widerstandsunfähiger“ zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt.

Die Beweisaufnahme des Gerichts stieß drei Jahre nach der Tat auf Schwierigkeiten. Die wichtigsten Schilderungen des Tatablaufs lieferte der Angeklagte selbst. Demnach traf er am 15. September 1990 auf einem Bolzplatz auf die schwer gehbehinderte und alkoholkranke Monika M.. Waldemar W., zur Tatzeit angetrunken, bot der Frau sein Auto für die Fahrt nach Hause an. Er habe gedacht, „sie sei nur besoffen, aber nicht behindert“ — dieses Wort kannte er damals nämlich noch gar nicht. Obwohl beide nur vier Hausnummern enfernt in derselben Straße wohnten, fand W. das Haus seiner Bekanntschaft nicht, sondern folgte den Beschreibungen von Monika M.. „In der Drebberstraße standen keine Häuser mehr, und weiter wollte ich nicht suchen“, so der Angeklagte. Weil man „gemeinsam noch einen saufen wollte“, hielt er das Auto an. Als sie „zärtlich geworden ist“, packte W. eine Decke aus, zog die gehunfähige aus dem Auto und dann seine Hosen aus.

Die Aussage von Monika M. war in der Verhandlung nicht mehr zu gebrauchen. Zur Tatzeit hatte sie über 3 Promille Alkohol im Blut, konnte sich an nichts mehr erinnern und sei damals erst in der Frauenklinik wieder aufgewacht. Das Gericht stütze sich auf bei der Beurteilung auf Zeugenaussagen eines Polizisten und die ärtzlich Gutachten. Danach war es nicht zu einer Vergewaltigung gekommen.

Und dann ging die Verteidigung in die Feinheiten der Juristerei. Besonders detailliert wurde es bei der Definition von „Widerstandunfähigkeit“: Der hohe Blutalkohol allein sollte in deisem Fall nicht ausgereicht haben. Schließlich habe die Frau zwar nicht weglaufen können, aber immerhin noch kratzen und ihre Arme bewegen. Der Pflichtverteidiger führte sogar ein Urteil an, in dem nicht einmal eine spastisch Gelähmte als widerstandsunfähig eingeordnet wurde — und forderte Freispruch.

In seinem Urteil aber berief sich das Gericht nicht auf die körperliche, sondern auf die psychische Widerstandsunfähigkeit. Dazu würde es auch genügen, wenn das Opfer keine sinnvollen Entscheidungen mehr treffen könne. Bis zum Überschreiten der Strafbarkeitsgrenze habe sich die Widerstandsunfähigkeit fortgesetzt, auch wenn Frau M. sich dann plötzlich gewehrt hat. Der angeklagte Waldemar W. habe die Situation ausgenutzt. Seine eindeutigen Absichten hatte er bei der Verhandlung zugegeben. Mit dem Urteil entsprach der Richter den Forderungen der Staatsanwaltschaft. bb