■ Egal wie brutal der Bürgerkrieg in Angola auch ist, im Kontext all der Schreckensmeldungen geht er unter
: Leichen, die kulturelle Gräben füllen

Täglich sterben tausend Menschen im mörderischen, endlosen Bürgerkrieg von Angola. Eine unfaßbare Zahl – und doch bleibt sie nackt, wird sie in der Häufung all der schlechten Nachrichten aus Bosnien- Herzegowina, Somalia, Südafrika kaum mehr wahrgenommen. Wie denn auch andere Nachrichten aus diesem zerstörten südafrikanischen Land keine Aufmerksamkeit mehr erregen, obwohl sie auf der globalen Bühne der Diplomatie durchaus Neuigkeitswert besitzen: Das internationale Waffenembargo gegen Angolas Regierung – ein Relikt aus den Zeiten des Kalten Krieges – steht kurz vor dem Ende. Nachdem die britische Regierung unter Verweis auf das „legitime Recht auf Selbstverteidigung“ als erste diesen Schritt unternahm, wollen andere Länder jetzt nachziehen. Angesichts der immer heftigeren Offensiven der „Unita“-Rebellen von Jonas Savimbi gegen die noch vom Gegner, Präsident dos Santos, gehaltenen Städte ist das überfällig.

Angolas Regierung ist aber nicht die einzige auf der Welt, die, obschon demokratisch gewählt und international anerkannt, kaum noch ein Fünftel ihres Staatsgebietes kontrolliert und sich nahezu im Alleingang gegen Rebellen mit mächtigen Verbündeten zur Wehr setzen muß. Die Regierung Bosnien-Herzegowinas befindet sich in genau derselben Lage – doch hier ist Großbritannien größter Verhinderer, geht es darum, das gegen diese geltende Waffenembargo zu lockern oder aufzuheben.

Ist es schiere Verwirrung, als Pragmatismus getarnt, die diesen Widersprüchen der ehrwürdigen britischen Diplomatie zugrundeliegt? Man muß ja nachgerade hoffen, daß sie nicht wissen, was sie tun, die Außenpolitiker der Weltmächte, deren Entscheidungen gegenüber keinem einzigen Kriegsgebiet der Welt Konsistenz oder Prinzipientreue widerspiegeln und deren Unterschriften unter kollektive Beschlüsse oftmals – wie der Nato-Beschluß zu Luftangriffen auf serbische Stellungen um Sarajevo, dessen Durchsetzung trotz serbischer Unbeugsamkeit in den Sternen steht – das Papier nicht wert sind, auf dem sie stehen.

Wo die Politik ihre Handlungsfähigkeit und Verantwortung abgibt, wird sie durch den Krieg ersetzt – die Richtigkeit dieser Maxime erfahren die Bewohner Sarajevos in Bosnien, Mogadischus in Somalia und auch Cuitos in Angola täglich erneut am eigenen Leib. Und wo Krieg statt Politik die Nachrichtenspalten füllt, wenden die Medienkonsumenten des Westens den Blick gelangweilt ab und reden sich ein, damit beweise sich ja wieder einmal nur die kulturelle Rückständigkeit der Kriegführenden und nicht etwa die politische Ignoranz und Lähmung der eigenen Regierungen.

So wachsen die Gräben zwischen Bürgerkriegsländern und potentiellen Friedensstiftern, zu deren Auffüllung aber doch immer genug namenlose Tote zur Verfügung stehen. Dominic Johnson