RAF-Debatte ohne Vorbedingungen

■ Niedersachsens Justizministerin will Treffen mit Länderkollegen wegen Zusammenlegung

Berlin/Hannover (taz) – Niedersachsens Justizministerin Heidi Alm-Merk hat sich dafür ausgesprochen, eine kurzfristige Zusammenlegung von RAF-Gefangenen ohne Vorbedingungen zu ermöglichen. Gegenüber der taz sagte sie, sie würde „im Grundsatz eine vorübergehende Zusammenlegung befürworten“. Alm-Merk geht davon aus, daß eine solche Zusammenkunft tatsächlich die Möglichkeit beinhalten würde, daß die Gefangenen „eine Art Gewaltverzichtserklärung abgeben könnten“. Sie sieht sich in dieser Erwartung von den beiden in Niedersachsen inhaftierten Gefangenen Lutz Taufer und Karl-Heinz Dellwo unterstützt, die schon im Rahmen ihrer Anträge auf bedingte Haftentlassung entsprechende Erklärungen abgegeben hätten.

Nach Angaben von Angehörigen von RAF-Gefangenen wollen 18 RAF-Mitglieder wenigstens für eine Woche zusammengelegt werden, um gemeinsam über ihre politische Perspektive zu diskutieren. Der rheinland-pfälzische Justizminister Peter Caesar hatte am Wochenende gesagt, er unterstütze eine solche Initiative, „wenn sich daraus ein Absage an künftige Gewaltanwendung ergibt“. Die Entscheidung über eine befristete Zusammenlegung von RAF-Häftlingen ist nach Angaben der Bundesregierung vor allem Sache der Länder. Prinzipiell seien Tendenzen hin zu einer „Gewaltrücknahme“ seitens der RAF zu begrüßen und auch zu fördern, sagte ein Sprecher des Justizministeriums gestern vor Journalisten. Alm-Merk geht denn auch davon aus, daß es in naher Zukunft ein Treffen aller LänderjustizministerInnen geben wird, um über die Zusammenlegung zu beraten. Bei der SPD stieß die Bitte von 18 inhaftierten RAF- Mitgliedern auf ein unterschiedliches Echo. Der in der Bundes-SPD für Innenpolitik zuständige baden-württembergische SPD-Landesvorsitzende Ulrich Maurer sagte im Saarländischen Rundfunk, wenn dies zu einer Deeskalation der Gewalt führe, solle über eine Zusammenlegung verhandelt werden. „Nach den katastrophalen Fehlleistungen von Bad Kleinen ist alles sinnvoll, was geeignet ist, ein Anwachsen oder gar Explodieren von Gewalt oder eine neue Terrorismuswelle im Ansatz zu verhindern.“ Maurer will nun prüfen, ob der Vorschlag ernst gemeint oder „eine Finte“ sei. Der verhinderte Generalbundesanwalt und innenpolitische Experte der SPD-Bundestagsfraktion, Wilfried Penner, beurteilte den RAF-Vorstoß im Deutschlandfunk dagegen „eher skeptisch“. Sonderbedingungen halte er für „völlig unakzeptabel“. Die Frage nach der Zusammenlegung der RAF-Gefangenen ist ein uralter Konflikt. Der Vorschlag, die Gefangenen wenigstens vorübergehend zusammenzulegen, um ihnen die Möglichkeit zur internen Diskussion zu geben, wurde bereits vor Jahren von einer Initiative um Antje Vollmer gemacht. Damals lehnten auch die Gefangenen ab.

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