■ Standbild
: Zum Schießen

„Avanti“, Vox, Mi., 23.15 Uhr

Das, was man denn wohl eine Medienkarriere zu nennen pflegt, begann für Götz Alsmann in der Westfalenmetropole Münster. Mit Schmalzlocke und Karo-Jackett gab er auf verstimmten Klavieren Boogie-Woogie und Rock 'n' Roll. Beim Blues schmachtete er die BWL- und Theologiestudentinnen an. So hätte es eigentlich bleiben können: Alsmann, Conférencier und Pianist als Lokalgröße im Dom- Schatten.

Als Ansager von Jugendsendungen und in der RTL-„Gong- Show“ versuchte Alsmann seine provinziellen Grenzen zu sprengen. Im RTL-Programm hupfte er mit den Dohlen um die Wette. Und wenn es ihm reichte, grölte er sie – mit Hilfe des Studiopublikums und einer kongenialen Jury – nieder. Auch wenn die „Gong- Show“ ein Flop war, irgendwie muß Alsmann deren Art verinnerlicht haben. Sarkastisches Gebrüll ist nach wie vor sein wichtigstes Stilmittel. Als Ansager zwischen den Nummern des Life-Style-Magazins „Avanti“ schreit er mal das Publikum an, mal blökt er im Kommiß-Ton einen Kommentar zum Abspann. Das alles ist wohl irgendwie witzig gemeint. Angesichts der Klischees und Plattitüden aber, die bei „Avanti“ nicht nur der Ansager verbreitet, versiegt jeglicher Humor.

In St. Tropez kann man „eintrittsfrei“ die schönsten Busen der Welt bestaunen. Dafür kostet der Champagner 600 Mark.“ Der New Yorker Times Square verlangt natürlich nach einem Sinatra-Song, der Small talk von Nachwuchsmanagern nach ,Money makes the world go around.' Tausendmal gesehene Kameraeinstellungen, Zooms auf Pornoläden, beliebige Statements von Passanten, nackte Busen und Muskeln am Strand, Wochenschaubilder aus der Glanzzeit New Yorker Kinos. Und heute, so verkündet Alsmann mit feistem Grinsen, „liegt über dem ganzen der Duft von Hundekacke und Junkfood“.

Mittendrin die einzige Chance der Show: ein Interview mit dem Geiger und Dirigenten Yehudi Menuhin. Aber Alsmann („es ist einem nicht dauernd gegeben, mit einem so großen Gast zu sprechen“) verpatzt sie. Dem Ernst der Lage entsprechend, zieht er intellektuelle Grimassen und schwätzt an „Lord Menuhin“ glatt vorbei. Am Ende schenkt er dem alten Herrn ein Paar Gummistiefel: „Jetzt können Sie Cowboy spielen.“ Ja bitte, tun Sie es, Sir Yehudi – und schießen sie auf den Pianisten. Achim Baum