SPD-Spitze für Beteiligung an allen UNO-Kampfeinsätzen

■ Kurswechsel im Blauhelm-Streit?

Bonn (taz) – Kämpft sie oder kämpft sie nicht? Gestern nachmittag beriet das SPD-Präsidium über den von Parteichef Rudolf Scharping angestrebten Kurswechsel seiner Partei im Streit um Bundeswehreinsätze out of area. Widerworte gegen Scharpings Pläne wurden vor allem von den SPD-Ministerpräsidenten von Niedersachsen und Saarland, Gerhard Schröder und Oskar Lafontaine, erwartet. Beide hatten in letzter Zeit immer wieder gefordert, die SPD solle bei ihrem „Nein“ zu Kampfeinsätzen bleiben.

Neue Brisanz erhielt der Flügelstreit gestern durch Überlegungen des SPD-Fraktionschefs Hans-Ulrich Klose. Wie in Kloses Umgebung bestätigt wurde, arbeitet der Fraktionschef mit Scharpings Einverständnis an einer Antragsformulierung, die sich sehr weit an die Vorschläge von FDP-Chef Klaus Kinkel annähert. Danach sollte die SPD „grundsätzlich“ eine Beteiligung der Bundeswehr an allen von der UNO geführten Einsätzen akzeptieren. Zuvor hatte bereits Scharping für eine Grundgesetzänderung plädiert, die auch Kampfaufträge ermöglichen würde.

Der SPD-Abgeordnete Albrecht Müller verurteilte diese Vorstöße gestern scharf. Die von Klose und Scharping geforderte Zweidrittelmehrheit vor Kampfeinsätzen sei ein „Dauersprengsatz für Fraktion und Partei“, sagte Müller. Die SPD werde damit immer gespalten sein. „Die Hälfte der Fraktion sorgt für die erforderliche Zweidrittelmehrheit, und die andere Hälfte macht dabei nicht mit.“

Scharping traf sich am gestrigen Abend mit dem CDU-Chef und Bundeskanzler Helmut Kohl. In Bonn wurde erwartet, daß der Streit um die Rolle der Bundeswehr bei dem Gespräch eine wichtige Rolle spielen werde. Am Freitag trifft sich Scharping auch mit dem FDP-Chef und Außenminister Klaus Kinkel. hmt

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