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(Emotionpictures: A. Hunter & B. Smith

■ Teuflin und Kaiserin

(E)motionpictures: A. Hunter & B. Smith

Teuflin und Kaiserin

1912 hat sie an der Wiege des Jazz mitgeschauckelt — Louis Armstrong und Fletscher Henderson spielten neben ihr in glitzernden Nightclubs und düsteren Clubkellern. Im Paris der 20er Jahre wurde sie fast wie Josephine Baker gefeiert. Aber ihren größten Erfolg hatte sie bei ihrem Comeback im Alter von 82 Jahren, nachdem sie zwanzig Jahre lang als Krankenschwester gearbeitet hatte. Alberta Hunters Leben war abenteuerlich, reich und so voller Blues wie ihre Musik.

In den 60 Minuten des Dokumentarfilms „Alberta Hunter: My castle' rockin“ wird beides zu einem liebevollen und klugen Portrait zusammengefügt. Eine feine Balance zwischen Musik und Geschichte, zwischen den Aufnahmen von einem Auftritt Albertas in einem kleinen New Yorker Club und ihren erzählten Erinnerungen geben dem Film einen jazzigen, swingenden Puls. Auch die alten Fotographien, Plakate, Zeitungsartikel, Filmausschnitte und historischen Plattenaufnahmen werden nicht in der Art eines pedantischen Biographen gezeigt, sondern in rhythmisch geschnittenen Collagen.

Die fast Neunzigjährige versprüht auf der Bühne wie im Wohnzimmersessel eine glitzernde, energiegeladene Aura, so daß man neben den schön erzählten Anekdoten und mit viel Esprit präsentierten Songs auch zu begreifen beginnt, warum gerade dieser Frau solch eine unglaubliche Künstlerkarriere gelang. So wird der Film ihrem außerordentlichen musikalischem Talent, ihrem Ehrgeiz, ihrer Intelligenz und „devilish personality“ (so ein amerikanischer Kritiker) gerecht.

Die Bluessängerin Bessie Smith hatte 1923 ihren ersten großen Erfolg mit „Downhearted Blues“ - einer Komposition von Alberta Hunter. Und so ist der einzige Film, der je mit Bessie Smith gedreht wurde, eine ideale Ergänzung zu Alberta Hunters Portrait. In dem 17 Minuten langen „St. Louis Blues“ aus dem Jahre 1929 singt die „Empress of the Blues“ in einer Bar den klassischen Song von W.C. Handy. Allerdings muß sie sich zuerst durch einige Spielszenen quälen, in denen sie hochdramatisch von ihrem Liebhaber verlassen wird. Nach und nach stimmen dann alle Zecher in der Spelunke mit in den Blues ein, und nach dem Schlußakkord nimmt der Lover Man seine Bessy wieder in die Arme. Ihr Gesang wirkt in dieser rührend naiv gefilmten Shownummer wie ein Diamant im Aschenbecher. Wilfried Hippen

Schauburg / Do. bis Mi. 22 Uhr

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