piwik no script img

Bausenator für Verzicht auf Stellplätze

Bei privaten Gewerbebauten soll der Bauherr selbst die Zahl der KFZ-Einstellplätze bestimmen können / Auch Umwelt- und Wirtschaftssenator für entsprechende Novelle der Bauordnung  ■ Von Thomas Knauf

Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) will im Senat durchsetzen, daß bei privaten Gewerbebauten den Bauherren grundsätzlich nicht mehr der Nachweis von KFZ- Stellplätzen abverlangt wird. Die Bauherren sollen künftig selbst entscheiden können, in welchem Umfang sie Autoeinstellplätze für notwendig halten, damit Gewerbebauten wie zum Beispiel Kaufhäuser, Büros oder Läden ihre Funktion erfüllen. Mit seiner Initiative zur Änderung der Berliner Bauordnung wolle er den Autoverkehr in der Stadt zugunsten des öffentlichen Nahverkehrs, aber auch des Wirtschaftsverkehrs zurückdrängen, sagte Nagel gestern. Nur so könne Berlin die Funktion als Hauptstadt und wirtschaftlicher Ballungsraum entfalten.

Nagel brachte auch ein baupolitisches Argument für den Verzicht auf die gewerblichen Stellplätze: Eine weitere Beschleunigung von Baugenehmigungsverfahren sei zu erwarten, weil der umständliche Prüfungsaufwand entfalle. Mit Bauherren müsse nicht mehr um jeden einzelnen Stellplatz gerangelt werden, was sich in der Vergangenheit oftmals als „Investitionshindernis“ erwiesen habe.

Der Bausenator kündigte an, daß seine Verwaltung zügig den Stellplatzparagraphen der Berliner Bauordnung novellieren und dem Abgeordnetenhaus zur Beschlußfassung vorlegen werde. Nach Einschätzung Nagels ist schnelles Handeln deshalb angesagt, weil die Gefahr bestehe, daß Investoren ihre Bauvorhaben in der Hoffnung zurückstellten, die sogenannten Ablösebeträge für nicht gebaute Stellplätze sparen zu können. Im Senat selbst ist der Vorstoß auf eine unterschiedliche „politische Gemengelage“ gestoßen, wie sich der Senator im Fachslang der Geologen ausdrückte. Nagel zufolge unterstützten Umweltsenator Hassemer (CDU) und Wirtschaftssenator Meisner (SPD) uneingeschränkt die neue Initiative. Verkehrssenator Haase (CDU) habe sich diesmal immerhin kompromißbereit gezeigt.

Nur Finanzsenator Pieroth (CDU) möchte es aus verständlichen Gründen bei der alten Stellplatzregelung belassen. Pieroth geht es um die hohen Ablösebeträge, auf die er nicht verzichten will. So floß 1993 eine Ablösesumme von 32,7 Millionen DM in den Landeshaushalt.

Unterdessen übte die Fraktion Bündnis 90/Grüne scharfe Kritik an den Plänen Nagels. Wichtigstes Ziel des SPD-Bausenators sei, die Investoren am Potsdamer Platz von der millionenschweren Pflicht, die nicht zu bauenden Stellplätze abzulösen, zu befreien, hieß es in einer Erklärung der baupolitischen Sprecherin Elisabeth Ziemer und des verkehrspolitischen Sprechers Michael Cramer.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen