■ Das Portrait
: Franciszek Cybula

„Ach, ich bin doch eine so bedeutungslose Gestalt“, seufzte Franciszek Cybula, als ihn eine Reporterin der Nowa Trybuna Opolska zu interviewen versuchte. Immerhin war sie bisher die einzige, der es gelang, von dem verschlossenen Priester und Beichtvater Walesas ein Interview zu bekommen. Denn wie bei Walesas Faktotum und Ex-Fahrer Wachowski, den seine Gegner den „Latschenträger Walesas“ nennen, schließen sich seine Lippen, sobald ein Mikrophon in seine Nähe kommt.

In letzter Zeit hat Cybula dafür auch gute Gründe. Der Danziger Bischof Goclowski, offizieller Vorgesetzter Cybulas, kritisierte dessen Aktivitäten im Belvedere in Warschau öffentlich. Die Kirche fürchtet inzwischen zurecht, Cybulas Auftreten wirke sich kontraproduktiv aus. Der kleine Pfarrer mit dem runden Gesicht, der immer und überall im Schlepptau des Präsidenten auftaucht, ist inzwischen zu einem der meistgehaßten Geistlichen des katholischen Landes geworden.

Schon vor Jahren, als Präsident Walesa sich aufmachte, seinen Kollegen Václav Havel zu besuchen, erregte die Tatsache Aufmerksamkeit, daß bei den Gesprächen neben Havel zwar Außenminister Dienstbier und Havels Berater Platz nahmen, auf Walesas Seite aber nur Wachowski und Cybula.

Auch als Walesa nach Bonn reiste, standen die beiden vor Außenminister Skubiszewski auf der Gästeliste.

Den Gerüchten, in Wirklichkeit werde Polen nicht von Walesa, sondern von „dem Popen und dem Chauffeur“ beherrscht, hat das nur Auftrieb gegeben. Tatsächlich ist Cybula eine Art lebendes Symbol für jenen Wechsel, den Walesa vollzogen hat, seit er sich seiner liberalen und linksliberalen Berater vor vier Jahren entledigte und auf die rechte Seite des politischen Spektrums wechselte. Die „Schwarze Madonna von Tschenstochau“ am Jackett, mit der er vor zwölf Jahren Polens Kommunisten auf die Palme brachte, genügte da nicht mehr.

Der Beichtvater scheut die Fotografen Foto: Inge Werth

Ein lebendiger Priester mußte her, um dem Land zu zeigen, wo Walesa seither steht: Auf der Seite der Kirche und der patriotischen Rechten. Kein Wunder, daß Walesa seine größten Widersacher unter den Parteien hat, die das gleiche für sich in Anspruch nehmen. Klaus Bachmann