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„Keine Neuauflage der Kinkel-Initiative“

■ Erklärung des RAF-Gefangenen Pohl

Berlin (taz) – Der RAF-Gefangene Helmut Pohl hat in einem Schreiben erklärt, weder die Gefangenen noch einer ihrer Angehörigen hätten die – über die Medien transportierte – Forderung nach einer kurzfristigen Zusammenlegung aufgestellt. Für einen „großen Teil der Gefangenen aus der RAF“ erneuerte der im hessischen Schwalstadt inhaftierte Pohl, ihre Forderung sei „nach wie vor Freiheit jetzt, Zusammenlegung bis dahin“. Der Gefangene, der im letzten Hungerstreik der RAF-Gefangenen im Frühjahr 1989 als Sprecher auftrat, bezeichnet in dem dreiseitigen Schreiben die „Kinkel-Initiative“ des heutigen Außenministers als gescheitert. Es werde keine „Neuauflage geben, in welcher heutigen Variante auch immer“. Pohl räumt ein, daß nicht alle Gefangenen so dächten. Er könne sich bei seiner Aussage aber auf einen Konsens mit den inhaftierten Brigitte Mohnhaupt, Christian Klar, Rolf Heissler, Eva Haule, Adelheid Schulz und Rolf Clemens Wagner stützen. – Der Spiegel hatte kürzlich berichtet, daß Angehörige der Inhaftierten ein zweiwöchiges Zusammenkommen der Gefangenen forderten, sie wollten diskutieren, wie sie künftig „politisch intervenieren“ könnten. Spekuliert wurde, daß am Ende eines solches Treffens eine Gewaltverzichtserklärung stehen könnte. Unter den Landesjustizministern hatte die Überlegung zu einem solchen Zusammentreffen erbitterten Streit ausgelöst. Während die SPD-regierten Länder sich für einen Versuch erwärmen konnten, lehnten etwa die Justizminister in Sachsen und Bayern Zugeständnisse kategorisch ab.

Pohl bezeichnete die Forderung nach einer kurzzeitigen Zusammenlegung als „Staatsschutzprodukt“. Die Behörden wollten „die Ernte der letzten zwei Jahre einfahren“, „jedem die Pistole auf die Brust setzen und nach seiner Aussage zum bewaffneten Kampf abfragen“. Er mache in dieser Situation „diese politische Aussage, die ich in den letzten Jahren vertreten habe, heute nicht mehr“. wg

Der Brief auf Seite 10

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