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Islands Wasserkraft für Nordeuropa

■ Hamburgs Umweltsenator Fritz Vahrenholt (SPD) will die Wasserkraft als Ersatz für heimischen Atomstrom nutzen

Hamburg (taz) – Hamburgs Umweltsenator Fritz Vahrenholt (SPD) will deutschen Atomstrom durch isländische Wasserkraft ersetzen. Der Sozialdemokrat plant, gewaltige Mengen Wasserkraftstrom von Island in die Bundesrepublik zu importieren, um damit den Atomstrom überflüssig zu machen. Dabei sollen die durch die Klimaaufwärmung bei der Gletscherschmelze freiwerdenden Wassermassen auf ihrem Weg in den Atlantik mit riesigen Talsperren gestaut werden. Turbinen sollen dann die Fluten in elektrische Energie verwandeln, die über ein Hochspannungs-Unterseekabel bis nach Deutschland transportiert werden soll.

Der taz bestätigte Vahrenholt, daß er in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender der Hamburgischen Elektrizitätswerke (HEW) bereits mit dem isländischen Energieminister Sigurt Sigurtsonn über das Projekt verhandelt hat. In rund zwei Monaten will Vahrenholt erneut nach Reykjavik jetten, um die Gespräche fortzuführen. Die notwendigen Investitionen – allein für das Kabel rund vier Millionen Mark – machten die schnelle Verwirklichung des Wasserkraft-Importes unmöglich. „Island ist etwas für das Jahr 2005.“

Unklar ist auch, mit welchen Energiemengen die Nordmeer- Republik die HEW beliefern könnte. Doch nach Ansicht des Hamburger Umweltsenators könnte das Energiegeschäft gewaltige Dimensionen erhalten. Der Senator schätzt: „Island verfügt über Stromkapazitäten, die für den gesamten nordeuropäischen Raum reichen.“

Bereits in der vergangenen Woche hatte die Hamburger Umweltbehörde mitgeteilt, daß über das längste Hochspannungsseekabel der Welt (540 Kilometer) ab der Jahrhundertwende norwegischer Strom aus Wasserkraftwerken in das HEW-Netz eingespeist wird. Die Verträge zwischen der HEW und der norwegischen „EuroKraftNorge“ über 300 Megawatt Kapazität sind bereits unter Dach und Fach, nur die Zustimmung der norwegischen Regierung steht noch aus.

Bereits die norwegischen Wasserkraftimporte wertet Vahrenholt als „Einstieg in den Ausstieg aus dem Atom“. Durch sie sei die Abschaltung des Kernkraftwerkes Brunsbüttel „zwischen dem Jahr 2000 und 2005“ möglich. Norwegische NaturschützerInnen dagegen klagen, daß die benötigten Staustufen riesige Naturflächen aus ihrem ökologischen Gleichgewicht bringen würden. Probleme, die Senator Vahrenholt in Island nicht sieht. „In der Gletscherschmelze leben ja nicht mal Fische.“ Marco Carini

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