Nix Genaues weiß er nicht

■ Henning Beer als Kronzeuge im Prozeß gegen Ingrid Jakobsmeier

Stuttgart (AP) – Im Prozeß gegen Ingrid Jakobsmeier hat gestern RAF-Aussteiger Henning Beer als Kronzeuge vor dem Oberlandesgericht Stuttgart ausgesagt. Die Bundesanwaltschaft, die ihre Anklage im wesentlichen auf Aussagen Beers stützt, wirft der 39jährigen versuchten Mord an insgesamt 21 Menschen vor. Sie soll 1981 an den Attentaten auf den US-Militärflughafen Ramstein und auf General Frederick Kroesen beteiligt gewesen sein.

Die Angeklagte war bereits im März 1986 vom Oberlandesgericht Stuttgart unter anderem wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verurteilt worden und verbüßt noch bis Ende September eine neunjährige Haftstrafe. Henning Beer, der zusammen mit anderen RAF-Aussteigern in der ehemaligen DDR untergetaucht und nach der Wende verhaftet worden war, wurde im Juli 1991 zu einer Jugendstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Beer sagte, aufgrund seiner Schlußfolgerungen gehe er davon aus, daß Ingrid Jakobsmeier an beiden ihr zur Last gelegten Anschlägen gemeinsam mit Christian Klar, Adelheid Schulz und Helmut Pohl beteiligt gewesen sei. Sie sei in die Vorbereitungen eingebunden gewesen, doch könne er nicht sagen, was die Angeklagte konkret getan habe. Seiner Erinnerung nach sei Jakobsmeier keine Entscheidungsträgerin gewesen.

Bei dem am 31. August 1981 vom Kommando „Sigurd Debus“ mit einer Autobombe verübten Sprengstoffanschlag auf das amerikanische Luftwaffenhauptquartier Ramstein in der Pfalz habe das elektronische System des Flughafens getroffen werden sollen, sagte Beer weiter. Bei dem Attentat waren 17 Menschen zum Teil lebensgefährlich verletzt worden und war ein Sachschaden von mindestens 7,2 Millionen Mark entstanden. Vierzehn Tage nach dem Ramstein-Anschlag, am 15. September 1981, wurde dann unter der Bezeichnung „Kommando Gudrun Ensslin“ in Heidelberg der Anschlag auf General Kroesen verübt, der damals Oberkommandierender der US-Streitkräfte in Europa und Kommandierender General des Nato-Bereichs Mitte war. Der General, seine Ehefrau und sein Adjutant waren dabei leicht verletzt worden. Als Tatbeteiligte waren bisher außer Beer auch Christian Klar und Brigitte Mohnhaupt verurteilt worden.

Beer berichtete, er selbst habe an den Attentaten nicht teilgenommen. Bei einer Probefahrt habe er einen Nervenzusammenbruch erlitten. Zur Tatzeit habe er sich in einer von der RAF gemieteten konspirativen Wohnung in Belgien aufgehalten. Jakobsmeier, Klar, Schulz und Pohl seien nach dem Kroesen-Anschlag ebenfalls nach Belgien gekommen. Daraus schließe er, daß sie am Attentat beteiligt gewesen seien.

Eine Gruppe von etwa 50 Demonstranten hatte vor dem Prozeßgebäude zwei Transparente entrollt, auf denen die Zusammenlegung der RAF-Gefangenen gefordert wurde.