ÖTV-Chef schockt Funktionäre

■ Heftige Diskussionen über die Vorschläge von ÖTV-Chef Rolf Fritsch zur Reform des öffentlichen Dienstes

Städtische Dienstleistungsabende zweimal pro Woche bis 20 Uhr, zentrale öffentliche Service-Büros für die BürgerInnen, private Rechtsformen für große Teile der öffentlichen Verwaltung, eine stärkere Flexibilisierung der Arbeitszeiten – Hamburgs schwergewichtiger ÖTV-Boß Rolf Fritsch hat mit seinen Vorschlägen zur Reform der ÖTV-Tarifpolitik für heftigen Wirbel gesorgt. Seine Begründung: „Die Unzufriedenheit der Bürger, die Bedürfnisse unserer Mitglieder, die leeren Stadtkassen und der Mißerfolg unserer bisherigen Arbeitszeitpolitik verlangen neue, kreative Antworten.“

Die Bundesvorstände von DGB und HBV reagierten gereizt: Fritsch spiele die Erfolge der Arbeitszeitverkürzung herunter. Hamburgs DAG-Chef, der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Uwe Grund findet es „unsolidarisch, wenn Rolf Fritsch in der aktuellen Situation den etwa 80.000 Beschäftigten im Hamburger Einzelhandel in den Rücken fällt.“ FDP-Chef Robert Vogel befand hingegen, die ÖTV „hat nur Kreide gefressen.“ Es gehe lediglich um „die Zementierung der Macht“. Fritsch kontert erstaunt: „Ich weiß nicht, was die haben. Sobald mal einer sagt, wie wir unser ständiges Reden von Erneuerung und gesellschaftlicher Herausforderung mit Inhalten füllen, bekommt er was auf die Mütze.“

Erste Pflöcke ihrer Tarifpolitik will die ÖTV für ihre 72.000 Mitglieder in der kommenden Tarifrunde einrammen. ÖTV-Chef Rolf Fritsch will einen Prozeß einleiten, der den Bedürfnissen der BehördenmitarbeiterInnen nach flexiblerer und humaner Arbeit entgegenkommt, den Service des öffentlichen Dienstes für die BürgerInnen verbessert und die Lebensqualität der Stadt durch Entzerrung der Verkehrsspitzen und eine gleichmäßigere Belebung des öffentlichen Raumes steigert.

In der Basis findet Fritsch dabei viel Rückhalt: Schon heute fordert eine Vielzahl der Hamburger Dienststellen von ihrer Gewerkschaft innovative und flexible Arbeitszeitkonzepte.

Die Hamburger Gewerkschaftsfürsten interpretierten diese Anregung am Dientagsabend mal wieder auf ihre ganz persönliche Art. Sie trafen sich mit Stadtchef Henning Voscherau, um ganz wert- und filzfrei gemeinsam festzuhalten: „Bürgermeister Dr. Henning Voscherau und die Hamburger DGB-Gewerkschaften sehen die zentrale Aufgabe der kommenden Jahre im Erhalt der sozialen Gerechtigkeit. Die Gewerkschaften unterstützen deshalb fugenlos den vom Senat eingeschlagenen Weg der Hafenerweiterung und Elbvertiefung.“

Florian Marten