Wagenburg wackelt

■ Erste Urteile gegen Oldenburger Besetzer

Tina (22) (Namen geändert) muß das Gelände verlassen — und zwar mit all ihren Sachen, vor allem mit ihrem Bauwagen. Sie hat in diesen Tagen ihr Räumungsurteil erhalten. Schriftlich. Zum Gerichtstermin war sie nicht erschienen. Das endgültige Urteil gegen Dirk (22) soll am 21. September gesprochen werden. Doch die Verhandlung am Mittwoch ließ eigentlich keine Fragen offen: Richter Christian Röhl bestätigte der Stadt als Klägerin, daß sie grundsätzlich im Recht sei.

Seit Mitte Februar halten junge Leute mit 13 Bauwagen ein ungenutztes Gelände der Stadt Oldenburg besetzt. Mit ihrer Wagenburg „Blöder Butterpilz“ wollen sie alternatives Wohnen ohne Strom und fließend Wasser praktizieren (die taz berichtete). Die Stadt Oldenburg reichte insgesamt 17 Räumungsklagen ein. Jeder Fall muß nun vor Gericht einzeln verhandelt werden. Am Amtsgerichts laufen jetzt die ersten Prozesse.

Die Stimmung in der Oldenburger Wagenburg ist gespannt. Die „blöden Butterpilze“ rechnen damit, daß auch die meisten anderen Urteile ähnlich ausfallen werden wie die ersten beiden vom Mittwoch. Und das bedeutet, daß sie bald alle abziehen müssen, zumal die Stadt sofortige Vollstreckung beantragt hat. Faktisch droht den jungen Leuten damit die Obdachlosigkeit. „Dabei ist es doch eigentlich Aufgabe der Stadt, Wohnraum zu schaffen“, argumentieren sie, „und nicht, Eigeninitiative zu vernichten“. Deshalb hoffen die „Butterpilze“ immer noch auf eine friedliche Lösung. Sie suchen jetzt das persönliche Gespräch mit führenden Politikern der Stadt und sind auch bereit, auf ein anderes Gelände umzuziehen.

Bereits im Februar hatte die Stadtverwaltung ein 750 Quadratmeter großes Ersatzgelände außerhalb Oldenburgs angeboten. Das jedoch lehnen die „blöden Butterpilze“ nach wie vor ab. Es sei zu klein und zu weit abgelegen. Sie fordern einen zentral gelegenen mietfreien Standplatz von mindestens 4.000 Quadratmetern. Reaktion der Stadt: „Mit dieser anspruchsvollen Haltung verhöhnen sie jeden Normalbürger, der auf dem üblichen Weg eine Wohnung sucht.“ Ella Fabian