Ready for Bildplatte

■ Cross Over: Das Art Ensemble Of Chicago und die Kammerphilharmonie Bremen mit Uraufführungen im DesignLabor Bremerhaven

hier die Maskierten

Art Ensemble zum Füßewippen...

„Cross-Over Chicago-Bremen-Paris“ nannte sich das ehrgeizige Projekt, das am Mittwoch abend im DesignLabor — dem ehemaligen Stadtbad — in Bremerhaven seine Welturaufführung erleben durfte. Zwei Spitzenensembles aus zwei unterschiedlichen Klangwelten trafen aufeinaner: das Art En

semble of Chicago, seit über 25 Jahren in unveränderter Besetzung Inbegriff für experimentierfreudigen Free-Jazz, und die Kammerphilharmonie Bremen unter der Leitung von Peter Rundel.

Im Mittelpunkt des Konzertes standen die Uraufführungen der Auftragskompositionen, die das Musikfest Bremen zusammen mit der Kammerphilharmonie eigens für dieses Ereignis vergeben hatten: unterschiedliche Konzepte von Wilfried Maria Danner und dem Komponistenduo Klaus Obermair und Robert Spour (siehe taz vom 1.9.).

Wilfried Maria Danners Komposition ...magic sculptures stripe the air, breathless... stellte zunächst, im Rückbezug auf das barocke Concerto Grosso, die beiden unterschiedlichen Klangwelten einander gegenüber. Der Orchesterpart enthielt „störende“ Jazzklänge, wie auch das Art Ensemble den Anfangsklang der Kammerphilharmonie aufnahm und auf eigene Art weiterentwickelte. Die beiden Ensembles blieben weitgehend nebeneinander stehen.

Die MusikerInnen saßen unten im Nichtschwimmerbereich des alten Stadtbades, das Publikum auf Tribünen am Beckenrand. Das Komponistenduo Klaus Obermaier und Robert Spour tauften ihr Werk wohl deshalb einfach swim . Swim war im Gegensatz zu Danners spröden, unharmonischen Orchesterklängen gefälliger, gleichzeitig blieb die kompositorische Idee verschwommener. Langsame crescendi, jeweils gekrönt vom Einsatz des Art Ensembles, machten den Anfang des Stückes aus. Daraus ergaben sich klanglich durchaus reizvolle Passagen, etwa, wenn die Holzbläser des Orchesters mit dem Art Ensemble-Schlagzeuger Don Moye zusammenspielten oder wenn der Triangelspieler aus dem Orchester in die Jazzgruppe wanderte und dort einen sich langsam steigernden Trommelrhythmus entfachte. Dem konnte man gut zuhören, ohne seine bisherigen Jazz- oder Klassikhörgewohnheiten in Frage stellen zu müssen — „neue kompositorische wie auch aufführungspraktische Maßstäbe“, wie

hier die vielen Musiker

... und die Kammerphilharmonie zum StichwortgebenF.: Archiv

sie die Veranstalter versprochen hatten, waren aber nicht zu hören.

In den Arrangements, die Earl McIntyre für die Kompositionen der Art Ensemble-Mitglieder Lester Bowie und Roscoe Mitchell schrieb, diente das Orchester vor allem als musikalischer Stichwortgeber. Auch hier

reizvolle Effekte und witzige Einfälle und streckenweise Jazz- Feeling zum Füßewippen.

Weder der Arrangeur der Jazz-Stücke noch die beiden Komponisten haben die Chancen voll ausgegenutzt, die diese Konstellation bot — ist die Kammerphilharmonie wirklich zu schwerfällig? Ist das Art Ensemble wirklich nicht flexibel genug, um mit einem Orchester klangliches Neuland auszuloten? Oder sollte aus dem Cross-Over etwas herauskommen, das die Akzeptanz der schon feststehenden nächsten Konzerttermine, der gleichzeitig aufgenommenen CD, der Fernsehaufzeichnung und der Bildplatte nicht gefährdet?

Wilfried Wiemer