: Berlins schönster Allee droht der Tod
■ Grüne protestieren gegen Totalerneuerung der Puschkinallee
Der Straßenbauwut des Senats droht jetzt Berlins schönste Allee, die unter Denkmalschutz der UNESCO stehende Puschkinallee, zum Opfer zu fallen. Das befürchten jedenfalls die Abgeordneten Michaele Schreyer und Michael Cramer von der Fraktion Bündnis 90/Grüne. Nach ihren Informationen haben Bezirk und Senatsverkehrsverwaltung vor, ab dem nächsten Jahr den Straßenzug Alt-Treptow/Puschkinallee von der Bulgarischen Straße bis zur Elsenstraße für zwölf Millionen DM grundlegend zu erneuern und dem gestiegenen Verkehrsaufkommen anzupassen.
Durch den Straßenneubau werde zumindest die Innenreihe der Platanenallee quer durch den Treptower Park im Wurzelbereich zerstört, warnten die Grünen-Abgeordneten gestern auf einem Ortstermin.
Wie es hieß, haben sich die Baumwurzeln aufgrund des hohen Grundwasserstandes so flach unter der Erdoberfläche ausgebreitet, daß sie beim Ausbaggern des Straßenuntergrunds bis in etwa einen halben Meter Tiefe zwangsläufig abgehackt werden müssen.
Selbstverständlich gebe es Alternativen: Zur Verkehrsreduzierung am Treptower Park könne eine der jetzt drei Fahrspuren der Puschkinallee in die Straße „Am Treptower Park“ verlagert werden. Der Senat wurde aufgefordert, bei der angestrebten Verschmälerung der Puschkinallee um 2,50 Meter die überflüssige Teerdecke behutsam ohne Maschineneinsatz zu entfernen. In beiden Straßen sollte die Einbahnstraßenregelung aufgehoben werden.
In den Augen der Abgeordneten wäre es ein „Kulturbanausentum“ sondergleichen, taste man die als Gartendenkmal ausgewiesene hundertjährige Allee mit den dichtgeschlossenen Baumkronen an. Gleichzeitig würden Steuergelder für ein Provisorium verschleudert, denn der überörtliche Durchgangsverkehr soll künftig sowieso auf die Straße Am Treptower Park verlagert werden. Im Entwurf des neuen Flächennutzungsplans ist die Puschkinallee nur als untergeordnete Erschließungsstraße dargestellt. Der ausschlaggebende Grund, warum Bezirk und Verkehrsverwaltung dennoch stolze zwölf Millionen Mark in den Alleeausbau stecken wollten, sei, daß es sich hier um Bundesmittel handele, erklärte Michael Cramer. Wenn man diese Gelder nicht bis zum Jahresende für Straßenbauprojekte verwende, müßten sie nach Bonn zurückgeschickt werden. Dem Vernehmen nach hat die Verkehrsverwaltung Schwierigkeiten, Bundesmittel nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) bis zum Termin Ende 1993 auszugeben.
Von den für Straßenbaumaßnahmen für 1993 zur Verfügung stehenden Mittel müßten 60 Millionen DM nach Bonn zurückgegeben werden, sagte Cramer. Die Geldausgabe für den Ausbau des Straßenzuges Alt-Treptow/Puschkinallee auf West-Standard muß der parlamentarische Hauptausschuß aber auch erst am kommenden Donnerstag bewilligen. Daß die Parlamentarier dies tun, erscheint durchaus nicht sicher. Besonders in der Senatsumweltverwaltung erwartet man kritische Fragen nicht nur von seiten der Fraktion der Grünen, denn die Sorge um die Platanen wird geteilt.
Die Verwaltung habe vorgeschlagen, die Puschkinallee auf jeder Seite um einen halben Meter zu verschmälern, allenfalls mit einer neuen Asphaltdecke zu überziehen und ansonsten auf den Einbau von Entwässerungsleitungen zu verzichten, erläuterte Dr. Hans Wiegand aus der zuständigen Grünabteilung. Thomas Knauf
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen