■ Das Portrait
: Vanessa Warwick

Als der Wiener im November letzten Jahres mit der Titelgeschichte „MTV Girls Privat: Europas heißeste TV- Mädels“ niederkam, unterschlug er ungeniert den Namen und das Brustbild von Vanessa Warwick. Vielleicht weil die über 30jährige sich schlecht als Mädel an die jungbrunnensüchtige Leserschaft bringen ließ, vielleicht aber auch nur, weil die Moderatorin nicht trendy genug ist, denn die böse Vanessa steht bei MTV für eine Musikrichtung, die in jedem Yuppie das Gefühl weckt, sich übergeben zu müssen: Heavy Metal.

Metal-Queen Foto: MTV

Vanessa kommt aus einem Nest in Buckinghamshire und entdeckte dort mit 14 den Hard Rock. Schnell ließ sie die Provinz hinter sich, zog nach London, jobbte bei verschiedenen Plattenfirmen und schließlich als Managerin einer Band. Dort lernte sie auch ihren späteren Gatten Ricky Warwick, den Sänger und Gitarristen von The Almighty, kennen. Anfang 1988 begann die damals 27jährige bei MTV Europe zu arbeiten, zunächst als Produktionsassistentin der Hard Rock/Heavy Metal Show. Als die Sendung nach dem US-Vorbild Headbanger's Ball neu gestaltet wurde, war die Metal-Braut bereit. Heute kann man/frau die löwenmähnige Vanessa, komplett mit Nasenring, schwarzer Lederjacke und roten Netzstrümpfen, jede Sonntagnacht (bei uns von 23.30 bis 2.00 Uhr) in 29 Ländern Europas auf ihrem Knochenthron, illuminiert von flackernden Kerzen in Totenschädeln, bewundern. Egal ob sie mit den völlig zugeknallten Slayer ein Interview versucht oder der wüste Lemmy von Motörhead sie betatscht, Vanessa hat die Situation immer im Griff und läßt die Rocker blaß aussehen. Bei den Videos, die sie abspult, hat sie freie Hand. „Wir werden nicht zensiert, und wir spielen einige extreme und brutale Videos.“ Manchmal jedoch wird es selbst ihr zuviel: Im „Triple Trash Treat“, wo drei Trash-, Speed- oder Death-Videos gespielt werden, die ein Zuschauer ausgewählt hat, kündigt sie einen Clip auch schon mal nur mit einem Kotzgeräusch an. Die Zuschauer lieben La Warwick, was sie kritisieren, ist die späte Sendezeit – Vanessa kämpft schon lange für einen früheren Termin. Ein Sieg wäre wünschenswert, denn Bands wie Metallica, Nirvana oder Pearl Jam stehen zwar inzwischen auf der normalen MTV-Playlist, waren aber früher da nicht zu finden. Da sah man sie nur auf dem Headbanger's Ball. Karl Wegmann