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: Ein Bestseller: Die SPD mit Blauhelm

Bonn (taz) – Ziemlich genau etwa drei Menschen gibt es, die die SPD-Blauhelm-Debatte bis heute in all ihren Verästelungen und Windungen verstehen. Der erste ist verrückt geworden. Der zweite hat sich in ein abgelegenes Bauernhaus in der Toskana zurückgezogen. Nach dem dritten wird noch gesucht.

Zugegeben, diese Pointe ist geklaut. Dennoch ist es an der Zeit, an dieser Stelle den Ruf nach einem großen publizistischen Wurf zu erheben. Was wir brauchen, ist eine „Kurze Geschichte der SPD- Blauhelm-Debatte in zehn Bänden“. Zehn Bände deshalb, weil sich das Werk wirklich auf das Notwendigste beschränken sollte. Daß eine solche Veröffentlichung nicht mehr lange auf sich warten lassen darf, liegt auf der Hand. Wer kann sich schon noch erinnern, wann die SPD erstmals deutsche Blauhelm-Soldaten in ihr Programm aufnehmen wollte? Kann noch einer sagen, welcher Sozialdemokrat es war, der als erster die Bundeswehr in Kampfeinsätze schicken wollte? Hat bisher irgend jemand verstanden, was Rudolf Scharping wirklich will?

Wer alle drei Fragen beantworten kann, sollte sich als Autor melden, und vor allem sollte er sich beeilen. Sein Name wird Weltruf erlangen. Egal, ob am UNO-Sitz in New York, am Lagerfeuer von Belet Huen oder auf dem nächsten SPD-Parteitag: Bei schwierigen Streitfragen würde man stets zum „Meyer“, „Schulze“, „Fromme“ oder wie der Autor immer hieße, greifen – überall dort eben, wo Unklarheiten herrschen, wie der letzte Parteitagsbeschluß lautet, wie man „self defence“ und „mission defence“ treffend übersetzt und was Rudolf Scharping wirklich will.

Zugegeben: Besser als zehn Bände wäre vielleicht eine Loseblattsammlung. Jede neue Presseerklärung der Partei („Die SPD hält Kurs“) ließe sich einfach abheften, ebenso das neueste Interview von Hans-Ulrich Klose („Die SPD muß endlich ihren Kurs ändern“) sowie jeder Zeitungsartikel, in dem waghalsige Reporter den Tagesstand wiederzugeben suchen („Scharping stützt Klose“, „Scharping läßt Klose fallen“, „Scharping läßt Klose doch nicht fallen“).

Einige andere Fragen sind ebenfalls noch offen: Warum sich Brockhaus nicht bereits gemeldet hat, wer das Vorwort schreibt und wer die Filmrechte bekommt. Der Arbeitstitel des Streifens steht aber schon fest: „Juristic Park. Ein Abenteuer, das hoffentlich bald mal ein Ende hat“.

Hans-Martin Tillack