Jerewan und Baku auf der Suche nach Verbündeten

■ Armenien warnt Türkei vor Einmischung

Moskau/Berlin (AFP/dpa/taz) – Zwei Tage vor der geplanten Fortsetzung der Moskauer „Friedensgespräche“ über den Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan warnte gestern der armenische Präsident Lewon Ter-Petrosjan die Nachbarstaaten vor einer Einmischung in den Konflikt. „Neutralität ist eine unbedingte Voraussetzung für Verhandlungen“, sagte er. Die Botschaft ist vor allem an die türkische Regierung gerichtet, die in den vergangenen Tagen unverblümt mit ihrem Eingreifen in den Krieg auf der Seite Aserbaidschans gedroht hat. Bis gestern wurden vier türkische Bataillone an der Grenze zu Armenien stationiert.

In einem Telefongespräch einigten sich Ter-Petrosjan und sein türkischer Amtskollege Süleyman Demirel gestern, alles zu tun, um die Kämpfe um die armenisch besiedelte aserbaidschanische Region Berg-Karabach zu beenden.

In Moskau ersuchte zeitgleich der aserbaidschanische Staatspräsident Gaidar Alijew den russischen Präsidenten Boris Jelzin um Hilfe, um die Offensive armenischer Truppen in Aserbaidschan zu stoppen. Jelzin hielt sich nach dem einstündigen Gespräch in Moskau bedeckt. Er kündigte weder die Entsendung von Friedenstruppen noch andere Maßnahmen an. Alijew sprach dagegen von einem „Meilenstein“ in den Beziehungen zwischen den beiden früheren Sowjetrepubliken und kündigte die Aufgabe der „Selbstisolation“ Aserbaidschans an. Sein Land werde möglicherweise wieder der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) beitreten.

In die Gesprächsversuche hinein platzte gestern eine explosive Information in Moskau. Ein Sprecher der russischen Truppen, die die Grenze zwischen der Türkei und Armenien bewachen, behauptete, in der Vornacht seien zweimal Schüsse von türkischem Territorium nach Armenien abgegeben worden. Rußland hatte sich im vergangenen Jahr vertraglich verpflichtet, die Westgrenze des GUS- Staates Armenien zu bewachen. Die türkische Armeeführung beruhigte umgehend: Die Schüsse seien von Gästen einer Hochzeitsfeier in die Luft abgegeben worden.