: Tine Wischer soll Nummer 1 werden
■ SPD-Unterbezirk wählte Vorstandsvertreter neu / Stadtwerke-Beschluß
„Mein Name ist Tine Wischer, ich bin 49 Jahre alt“, so begann die UB-Ost-Vorsitzende vor „ihren“ Unterbezirks-Delegierten die Rede zu ihrer Kandatur als SPD-Landesvorsitzende. Sie gab sich gewohnt selbstsicher, ohne zuviel zu versprechen — und wurde mit 136 „Ja“-Stimmen bei nur 21 Gegenstimmen und 7 Enthaltungen belohnt. Nachdem die „Findungskommission“ sie vorgeschlagen hatte, steht ihrer Wahl am 18. September nichts mehr entgegen.
In ihrer Rede formulierte sie vor allem das, was unter Bremer Sozialdemokraten derzeit Konsens ist: „Woran wir leiden, das ist der fehlende Konsens.“ Integrieren sei deshalb erste Vorsitzenden-Aufgabe, und „überzeugen vor Ort“. Ursache der Krise ist für Wischer dabei der „Schock der Wahlniederlag“ von 1991. Notwendig sei der „solidarische Umgang miteinander auch im Streit“, forderte sie, sagte aber gleichzeitig: „Das quer zum Strom denken kann und darf nicht weggedeckelt werden.“ Das ging implizit an die Adresse den ersten Kandidaten um das Vorsitzenden-Amt, Henning Scherf. Wischer forderte mehr „sozialdemokratische Handschrift“ in der Senatspolitik: „Wir sind rot und ich denke aus Überzeugung“. Gleichzeitig warb sie um Verständnis dafür, daß SPD-Wahlversprchen vertagt werden müßten, wenn das Geld knapp ist.
Da der gesamte Landesvorstand am 18. September neu gewählt wird, mußten die nach dem parteiinternen Proporz dem Bremer Osten zustehenden 5 Beisitzer gewählt werden. Nur zwei der alten Vorstands-Vertreter wurden wieder als Kandidaten für den Osten benannt: Carsten Sieling und Carmen Emigholz, beides neue und jüngere SPD-Poli
Tine Wischer: „Ich war nicht auf der Suche nach mir selbst“
tikerInnen. Drei gestanden Vorstands-VertreterInnen des linken Parteiflügels, Reinhard Werner, Elke Steinhöfel und Angelika Pensky, werden nicht wieder dabei sein.
Auf der Männerliste wurde dafür mit großem Abstand der frühere Bildungsenator Horst von Hassel (65) gewählt, nach ihm dann ein Chirurg namens Jürgen Menzel, der für sich mit den Worten warb, er sei „ein unbeschriebenes Blatt“ und „beruflich unabhängig“ von den Versorgungs-Karrieren im öffentlichen Dienst.
Auf der Frauen-Liste kam es zu einer Überraschung: Dagmar Burgdorf, die in ihrem eigenen Ortsverein Schwachhausen-Südost deutlich mit 4:10 Stimmen gegen Elke Steinhöfel unterlegen war, wurde von einem anderen Ortsverein vorgeschlagen. Sie erklärte, sie verstehe ihre Kandidatur „nicht als Gegenkadidatur zu Elke“ und wurde mit 87:71 Stimmen anstelle von Elke Steinhöfel dann gewählt.
Bei den Sachanträgen lichteten sich die Reihen. In der Friedenspolitik will der UB-Ost Blauhelm-Einsätzen nur zustimmen, wenn diese keinen Kampfauftrag beinhalten. Zum Thema Stadtwerke-Verkauf interpretierte der Unterbezirk seinen Beschluß aus dem Mai. Wenn es nur um Haushaltssanierung gehe, ist der UB nach wie vor dagegen. Wenn mit dem Geld die Klöckner-Hütte gerettet werden solle, dann doch — bis zu 24,9 Prozent jedenfalls. Cornelius Noack erklärte, er stehe zu dem schmerzlichen Kompromiß, auch wenn er mit Thomas von der Vring der Ansicht sei, daß „niemand von uns weiß, was mit der Stahlindustrie in Europa in 10, 15 Jahren ist.“
Ein einsamer Delegierter stimmte dagegen. Das Stahlwerk habe keine Chance, das sei doch nur ein „teures Wahlgeschenk“, sagte er auf Nachfrage der taz. Aber da er wußte, daß die Delegierten das nicht hören wollten, hatte er in der Versammlung geschwiegen. K.W.
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