Demo endet tödlich ...

■ Militär erschießt Arafat-Anhänger

Ramallah (taz) – „Wir sind die Jugend der Fatah“, skandieren die Demonstranten, die durch die Straßen von Ramallah ziehen. Es ist Samstag, und vor eineinhalb Tagen hat der Vorsitzende der Palästinensischen Befreiungsorganisation und Fatah-Chef Jassir Arafat seine Unterschrift unter ein Schreiben gesetzt, in dem er das Existenzrecht Israels anerkennt.

Die Jugendlichen tragen palästinensische Flaggen und Bilder von Arafat durch die als Hochburg der Intifada geltende Stadt in der Westbank. An ihrer Seite marschieren Anhänger der al-Fida, einer Abspaltung der „Demokratischen Front zur Befreiung Palästinas“ (DFLP). Ihr Chef Jassir Abed Rabo gehört zu den vehementen Befürwortern des zwischen der israelischen Regierung und der PLO-Führung ausgehandelten Teilautonomie-Plans. „Gaza und Jericho zuerst ist der erste Schritt zum palästinensischen Staat“ steht auf den Transparenten der Demonstranten. Die mitfahrenden Autos unterstützten diese Hoffnung durch lautes Hupkonzert.

Am Boden verstreut liegen Flugblätter der von Naif Hawathmeh geführten DFLP. Die in der DFLP und der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) organisierte linke Opposition innerhalb der PLO versucht die Bevölkerung davon zu überzeugen, das Abkommen mit Israel sei „Verrat“. Am Tag zuvor hatten Anhänger der islamistischen Hamas-Bewegung Pro-Arafat-Demonstranten mit Steinen beworfen. Ihre Parolen sind frisch auf die Häuserwände gesprüht: „Nein zu Gaza–Jericho zuerst“.

Hinter den Demonstranten, in der Al-Manara-Straße, sind israelische Soldaten angerückt. Als der Demonstrationszug kurz stoppt, feuern die Soldaten unvermittelt Tränengasgranaten in die Menge. Wenige Minuten später schießen sie scharf. Die Situation eskaliert, Bilder wie von der Intifada: Menschen rennen um ihr Leben, und jugendliche Palästinenser attackieren die israelische Armee mit Steinen. Zwei jugendliche Demonstranten werden von israelischen Kugeln tödlich getroffen. Der 22jährige Iyad Musa Ramadan Abd al-Basit at-Tamimi und der 20jährige Nidal Ramadan Abd al- Aal al-Masri sterben noch am Ort. 14 Verletzte werden im Krankenhaus behandelt, darunter auch ein australischer Fotojournalist.

In den Agenturberichten aus Jerusalem heißt es später, bei einer Anti-Arafat-Demonstration sei es zu Auseinandersetzungen mit dem Militär gekommen. Bei den Getöteten handele es sich vermutlich um Anhänger von Hamas oder der PFLP. Kirsten Maas