Christ sein verboten

■ Riad verfolgt religiöse Minderheiten

Berlin (taz) – Seit der Golfkrise hat die Verfolgung religiöser Minderheiten in Saudi-Arabien dramatisch zugenommen. Schiiten und Christen werden als Staatsfeinde betrachtet und systematischer Verfolgung ausgesetzt, wie die Menschenrechtsorganisation „amnesty international“ (ai) gestern erklärte. Sie forderte die Regierung in Riad zum wiederholten Mal auf, die Religions- und Gewissensfreiheit zu garantieren.

Angehörige der schiitischen Glaubensgemeinschaft erleiden wegen der Ausübung ihrer religiösen Überzeugung Langzeitinhaftierungen, Folter und sogar Tod, berichtet ai. Deutlich zugenommen haben auch Verhaftungen von Christen. Hunderte von Männern, Frauen und Kindern seien von der Religionspolizei festgenommen und mißhandelt worden – meistens ohne Anklage oder Prozeß. In vielen Fällen wurden die Betroffenen anschließend des Landes verwiesen.

93 Prozent der Bevölkerung Saudi Arabiens sind Moslems – die meisten sind Sunniten, nur 15 Prozent von ihnen bekennen sich als Schiiten. Neben rund 500.000 Katholiken lebt eine kleine anglikanische Gruppe im Land. Die öffentliche und private Religionsausübung ist Nichtmoslems in Saudi- Arabien verboten. Schiiten und Christen halten ihre Gottesdienste heimlich ab. Die Religionspolizei habe offenbar freie Hand, in Privathäuser einzubrechen und jene zu verhaften, die beim Beten gefunden würden oder im Besitz von Rosenkränzen, Christusbildern oder christlicher Literatur seien, berichtet ai. Viele Christen – darunter vor allem Immigranten – haben private „Brüderschaften“ gegründet. Menschen aus Ländern der Dritten Welt werden nach dem Bericht zusätzlich diskriminiert. Von 329 christlichen Gottesdienstbesuchern, die seit August 1990 verhaftet worden seien, stammten 325 aus Entwicklungsländern, vier aus Westeuropa und den USA.

Im September 1992 wurde Sadiq Abdul-Karim Malallah, ein schiitischer Moslem, in al'Quatif öffentlich enthauptet, nachdem er in einem von ai als „äußerst unfair“ bezeichneten Verfahren wegen Glaubensabfalls und Gotteslästerung verurteilt worden war. Bei seinem Prozeß war ihm nahegelegt worden, zur Wahabi-Lehre (auf der die sunnitische Staatsreligion gründet) überzutreten, was er ablehnte. ai ist überzeugt, daß Sadiq Malallah nur wegen seines Eintretens für die Rechte der Schiiten auf Religionsfreiheit hingerichtet wurde. dora