FDP formuliert § 218 nach Karlsruher Gnaden

■ Gesetzentwurf zum Abtreibungsrecht entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts vorgestellt / Praktische Probleme ausgeklammert

Bonn (taz) – Die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Uta Würfel und der Rechtspolitiker Gerhart Baum haben gestern in Bonn den Gesetzentwurf ihrer Fraktion zum neuen Abtreibungsrecht vorgestellt. Der Entwurf folgt konsequent den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtsurteils vom 28. Mai 1993 und normiert Beratungszwang mit anschließendem straffreien Schwangerschaftsabbruch bis zur 12. Woche.

Die gravierendste Vorgabe der Richter, ein ausgefeiltes Beratungskonzept, wurde von der FDP fast wortwörtlich übernommen. Die „Schwangerschaftskonfliktberatung“ dient dem „Schutz des ungeborenen Lebens“, sie ist „ergebnisoffen“ zu führen, wobei von der Frau „erwartet“ wird, daß sie „die Tatsachen mitteilt“, deretwegen sie abbrechen will. Sie kann anonym bleiben, so wie auch das auszufüllende Protokoll anonymisiert zu erstellen ist. Die Frau soll darüber aufgeklärt werden, welche Ansprüche ihr bei der Wohnungssuche, der Suche nach einer Betreuungsmöglichkeit und der Fortsetzung ihrer Ausbildung zustehen – auch wenn diese Ansprüche in der Praxis so gut wie nie durchzusetzen sind.

Der Entwurf übernimmt auch die Vorgabe der Bundesverfassungsrichter, wonach sich die Ärzte vor einem Abbruch „die Gründe für das Verlangen der Frau nach einem Abbruch der Schwangerschaft darlegen lassen müssen“ und erneut den „Schutz des ungeborenen Lebens“ betonen müssen.

Die Finanzierung der Abbrüche durch die Krankenkassen ist nur noch möglich, wenn die Frauen finanziell bedürftig sind. Allerdings soll ihnen der Gang zu den örtlichen Sozialämtern erspart bleiben. Die Finanzierung erfolgt dann entweder direkt über die Krankenkassen oder durch die Landessozialämter.

Die SPD, die ihrerseits keinen Gesetzentwurf vorlegen will, möchte die Finanzierung anders regeln. Alle Abtreibungen sollen zunächst „von den Kassen übernommen werden“, sagte die Abgeordnete Inge Wettig-Danielmeier gegenüber der taz. Jene Frauen, die mehr als 2.000 Mark netto inklusive Wohngeld verdienen, „müssen den einheitlich festzusetzenden Betrag später an die Kassen zurückerstatten“.

Der neue Entwurf, der „mit gutem Willen bis zum Jahresende“ (Baum) Gesetzeskraft haben könnte, geht auf die Probleme in der Praxis, die sich seit dem Bundesverfassungsgerichtsurteil gezeigt haben, wenig ein. Wie soll gewährleistet werden, daß bundesweit qualifizierte Ärzte zur Verfügung stehen? Die Zahl der Ärzte, die mit dem Hinweis auf die Rechtswidrigkeit des Abbruchs den Eingriff verweigern, nimmt zu. Hierbei handele es sich um ein Mißverständnis, sagte Frau Würfel. „Zwischen dem Arzt und der Frau wird ein wirksamer Rechtsvertrag abgeschlossen.“ Julia Albrecht