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Bremen — Stadt ohne Fischer

■ Arme Weser: Der Schiffsverkehr nimmt zu, die Fischbestände aber nehmen ab

Ein Vortrag in einem Schiff mitten auf der Weser — das gibt's in Bremen nicht alle Tage. Aber schließlich ging es auch um die „Flußfischerei auf der Unterweser“. Unter diesem Thema erzählte Dieter Busch, Biologe an der Bremer Universität, von der historischen Entwicklung der Weserfischerei.

Um die Jahrhundertwende lebten noch 200 Familien von der Fischerei, heute kein einziger mehr. Schuld an der Veränderung ist der Ausbau der Weser: Der Fluß ist unterhalb der Schleuse ein Kanal, große Schilfflächen, Inseln und Flachwasser gibt es nicht mehr. Nur noch 30 Prozent des Ufers sind unbebaut. Das übrige Ufer krönen Steinschüttungen und Sprungwände — für Kleintiere äußerst lebensfeindlich. An Spundwänden können sich z.B. nur noch Algen halten.

1888 wurde die Weser zum ersten Mal zum Kanal ausgebaut. In den fünfziger Jahren wurde der Fluß für die Schiffe über acht Meter tief ausgebaggert. 20 Jahre später war die Weser bereits 11,5 Meter tief. Die ständige Veränderung des Flußbettes erhöhte den Tiedenhub drastisch, heute sind vier Meter Unterschied zwischen Ebbe und Flut. Das hat negative Folgen für die Pflanzenwelt: Es gibt kaum Pflanzen, die den ständigen Wechsel zwischen Nässe und Trockenheit vertragen können.

Früher gehörte der Lachs zu den „Brotfischen“, d.h. die Fischer lebten vom Lachs. Doch Überfischung und Stauhaltungen verringerten die Fischbestände. Der Lachs ist zwar ein Fischen, der noch relativ gut springen und daher Sperrwerke überwinden kann. Trotzdem ist der Lachs in der Unterweser heute ausgestorben. Die Abwasserbelastung hat vor allem in den fünfziger Jahren ihren Teil zum Niedergang der Flußfischerei beigetragen. Erst in den sechziger Jahren wurde das Klärwerk Seehausen erbaut. Zuvor leitete man Bremer Abwässer ungefiltert in die Weser.

Vor 100 Jahren lebten in der Weser noch zehn verschiedene Fischarten, heute sind es nur noch vier Fischsorten. An der Bremer Uni gibt mittlerweile eine Arbeitsgruppe, die sich damit beschäftigt, wie man die Weser wieder naturnaher gestalten kann. An dem Hauptproblem aber ist nichts zu ändern: Wenn die Weser immer mehr und immer größere Schiffe aufnehmen soll, wird sie Fahrrinne bleiben müssen.

alS

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